Buch des Bonner Skandal-Rappers Xatar Geraubtes Gold offenbar zu Geld gemacht

BONN · Wo ist das Gold, das der verurteilte Straftäter Giwar Hajabi alias Skandal-Rapper "Xatar" im Jahr 2009 raubte? Nun gibt es Hinweise vom Rapper selbst, der ein Buch geschrieben und nun herausgebracht hat.

Beim Prozess vor fünf Jahren hatten der heute 33-Jährige und seine Komplizen sich darüber ausgeschwiegen und behauptet, das hätten unbekannte Hintermänner einkassiert.

Aber jetzt gibt es Hinweise, was mit der Beute aus dem spektakulären Raub an der A 81 bei Ludwigsburg wirklich passiert ist, und zwar ausgerechnet vom Haupttäter selbst. Nachzulesen ist das in dem Buch, das Xatar geschrieben und jetzt ganz frisch auf den Markt gebracht hat - und das als Titel sein Lebensmotto trägt: "Alles oder nix."

"Die Jungs hatten das Gold zu XXX (Name im Buch geschwärzt) gebracht, der es für uns einschmelzen und lagern sollte", schreibt Hajabi. "Er hatte Anweisung stillzuhalten, bis wir ihm ein Zeichen gaben. Dann sollte er es verkaufen." Als der Staatsanwalt 2011 im Prozess das Schweigen der Angeklagten kritisierte und vom "Goldpreis auf Rekordhöhe" sprach, wurden sie hellhörig, so Hajabi. Ihr Anwalt googelte, das Gramm liege gerade bei 44 Euro. Zum Vergleich: Gestern lag der Preis aktuell bei 33,55 Euro.

Gold über Hintermänner verkauft?

Und genau das greift Hajabi auf der letzten Buchseite auf, als er von einer Voicemail berichtet, die er im Sommer 2015 abgehört habe. Der Anrufer, ein nicht genannter "Bruder", wird da so zitiert. "Ich sag dir - bei 44 zu verkaufen, war die beste Entscheidung unseres Lebens."

Das lässt nur einen Schluss zu: Die Täter hatten noch Zugriff auf das Gold und haben es über den Hintermann verkaufen lassen - womöglich sogar während des Prozesses. Das Raubgut ist also zu Geld gemacht worden, wer immer es jetzt hat. Und angeblich soll die Menge an Gold auch viel mehr sein als jene 120 Kilo, von denen zunächst die Rede war. Hajabi berichtet, der Bande seien mindestens 250 Kilo in die Hände gefallen, was umgerechnet eine Beute von 8,2 bis 11 Millionen Euro ausmachen würde, je nach Goldkurs.

Das ist noch nicht alles. Im ersten Teil des Buchs ("Freiheit") erzählt Hajabi, wie aus einem guten, aber in seinen Talenten abgewürgten Gymnasiasten der "Drogenprinz" vom Brüser Berg wurde. In Teil zwei ("Gefangenschaft") beschreibt er Knast-Folter im Irak und die vier Jahre Haft in Deutschland. Inzwischen betreibt er eine Sisha-Bar in Köln und bewegt sich weiter im Musikbusiness.

Straftaten, um an Geld zu kommen

In seiner Lebensbeichte wird der Rapper erstaunlich konkret, nennt Namen, Orte und Zusammenhänge, Freunde und Feinde. Er schreibt von großen Deals, von Waffengewalt, Partys, Prostitution und Krisen. Wie er in eine Pistolenmündung guckte, in verdreckten Zellen schlief, wie er durch die Musik und den Glauben angeblich zum besseren Menschen wurde.

Doch die Hauptmotivation des Giwar Hajabi war offenbar immer, "viel Batzen auf der Tasche zu haben". Dafür verübte er eine Menge Straftaten: Mit 14 zog er Leute ab und dealte. Für fünf Mark zuzuschlagen, war normal, "für einen Zehner haben wir die Messer gezogen", schreibt er.

Mit 14 wegen bewaffneten Raubs verurteilt und in den Jugendarrest gewandert. Mit 15 schon ein schwerer Junge, der eine eigene Wohnung hatte und sich mit dem Taxi zur Schule fahren ließ. Mit 17 nach Köln, dann hochkriminelle Geschäfte in London, brutale Übergriffe, mit "Aufträgen" das Geld fürs eigene Musiklabel verdient. Und immer wieder Polizei und Justiz ausgetrickst.

Spannender Reality-Stoff

Ach ja, die Musik: Sein erstes Konzert endete mit Schüssen und der Evakuierung des Brückenforums Beuel. Es ist die Beichte eines Kriminellen, nicht unintelligent, aber eben gescheitert. Leid tun muss einem das alles nicht, weil er sich das selbst eingebrockt hat und die Brutalität seines Umfeldes durch jede Buchzeile dringt. Dem braven Bürger stellen sich die Nackenhaare auf, Fans des Gangster-Rappers werden es wohl als Kult betrachten.

Wetten, dass sich bald auch Produzenten für die Filmrechte interessieren? Und womöglich ja auch Polizei und Justizbehörden, wenn sie die Berichte über die Straftaten lesen. Oder nur mal wissen wollen, wie man mit einer Schnur und einer Nadel Sachen ins Gefängnis schmuggelt.

"Wir haben das Buch inhaltlich noch nicht ausgewertet", sagte ein Polizeisprecher in Bonn. "Ob und in welcher Form wir aktiv werden, stimmen wir mit der Staatsanwaltschaft ab."

Unterm Strich steht: Das Buch ist spannender Reality-Stoff. Oder zumindest gut gelogen. Denn wer in der kriminellen Szene derart auspackt, hat normalerweise nicht mehr viel Freude. Aber vielleicht kann es sich Xatar ja leisten.

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