Haftstrafe für 44-Jährigen Gericht sieht keine Tötungsabsicht bei Angriff auf Hans Wallow

Bonn · Nach dem Angriff auf den früheren SPD-Politiker Hans Wallow ist der 44-jährige Angeklagte zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Der Altpolitiker glaubt, dass der Angreifer ihm nach dem Leben trachtete - die Strafkammer sieht eine Tötungsabsicht jedoch nicht als erwiesen an.

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Foto: dpa/Oliver Berg

Im Prozess um den Angriff auf den früheren SPD-Politiker Hans Wallow hat das Bonner Landgericht am Mittwochmittag ein Urteil gefällt: Der angeklagte Sohn eines Bekannten des Opfers muss wegen versuchter gefährlicher sowie vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung und Verstoßes gegen das Waffengesetz für zwei Jahre und drei Monate in Haft.

Damit ging die Kammer noch über den Antrag der Staatsanwältin hinaus, die für eine Freiheitsstrafe von 22 Monaten plädiert hatte. Begründet wurde das Strafmaß nicht. Außerdem muss der Verurteilte 2000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der 44-Jährige wurde für schuldig befunden, Wallow am 18. Dezember vergangenes Jahres mit einem Gasrevolver in dessen Bonner Wohnhaus bedroht und anschließend zweimal abgedrückt zu haben. Die Waffe löste allerdings nicht aus.

Der Altpolitiker, der in dem Verfahren als Nebenkläger aufgetreten war, geht nach wie vor davon aus, dass der Angreifer ihm nach dem Leben trachtete. Das sah das Gericht jedoch als nicht erwiesen an. „Die Kammer kann nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit feststellen, dass der Angeklagte mit der Möglichkeit einer Tötung rechnete“, so der Vorsitzende Richter Marc Eumann.

Der „abstruse Tatplan“ hätte nämlich – wenn überhaupt – nur funktioniert, wenn das Opfer überlebt, sagte er in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte wollte Wallow dazu bringen, sich schriftlich von den Ideen der französischen Existenzialisten Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre zu distanzieren. In der Vorstellungswelt des Verurteilten hätte er sich mit einem solchen Bekenntnis in seinem politischen Umfeld diskreditiert und somit erpressbar gemacht, führte Eumann aus.

Diese – so der Richter – „etwas außergewöhnliche Motivlage“ habe dazu geführt, dass der Angeklagte nach seiner Verhaftung zunächst in einer psychiatrischen Klinik untergebracht worden war. Ein Gutachter hatte aber bald festgestellt, dass der Mann trotz einer diagnostizierten schizoiden Persönlichkeitsstörung voll schuldfähig ist.

Möglicherweise wollte der Verurteilte mit seiner Tat seinen Vater bestrafen: „Es gibt eine Vorgeschichte“, sagte der Richter zu Beginn der Urteilsbegründung. Und die ist wohl in einer gestörten Vater-Sohn-Beziehung begründet. „Das Verhältnis kann man nicht als gut bezeichnen“, so Eumann nicht zuletzt in Hinblick auf die letzten Worte des Angeklagten. In einer gut einstündigen Suada hatte der Mann am vorausgegangenen Verhandlungstag „den Mann, der mein Vater sein soll“, wüst beschimpft.

Der 44-Jährige wuchs nach der Trennung seiner Eltern bei der Mutter auf. Offenbar hatte er auf Initiative seines Bruders im vergangenen Herbst einige Wochen bei seinem Vater gewohnt und viel und kontrovers mit ihm diskutiert. Wenige Tage vor der Tat war ein weiterer Besuch gefolgt. Aber anstatt anschließend wie besprochen an seinen österreichischen Wohnort zurückzukehren, machte er sich auf den Weg zu Wallow nach Bonn.

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