Prozess gegen Tattoostudio Gestochene Uhr tickt doch falsch

Bonn · Die gestochene Uhr auf seinem Handrücken tickt tatsächlich falsch. Zu diesem Ergebnis kam am Donnerstag Richter Sebastian Landwehr im Prozess um ein mangelhaftes Tattoo. Das beschuldigte Tattoostudio muss dem Kunden jetzt Schadensersatz zahlen.

 Fünf teure Minuten: Das Tattoo auf dem Handrücken zeigt 11.09 statt 11.14 Uhr.

Fünf teure Minuten: Das Tattoo auf dem Handrücken zeigt 11.09 statt 11.14 Uhr.

Foto: Ulrike Schödel

Denn der Kläger, ein 26-jähriger Familienvater, hatte nicht nur vorgegeben, dass er eine Taschenuhr mit römischen Ziffern gestochen haben will, sondern auch, dass die Zeiger präzise auf 11.14 Uhr stehen sollten. Genau um diese Uhrzeit ist sein Sohn geboren worden.

Aber die Liebeserklärung an seinen Sohn ging voll daneben. Denn der Mitarbeiter des Tattoostudios hat sich um genau fünf Minuten „verstochen“. Jetzt steht die Uhr auf 11.09 Uhr. Daraufhin verklagte der untröstliche Vater die Inhaberin des Studios auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Das Tattoo, so der Kläger, sei mangelhaft. Richter Sebastian Landwehr gab dem tätowierten Kläger gestern Recht: Wenn etwas tätowiert wird, was nicht beauftragt war, ist das eindeutig ein Mangel. Immerhin hatte der Kläger, dem unterstellt worden war, er hätte mit der Geburtsminute des Sohnes geschummelt, das Familienstammbuch vorlegen müssen. Auch eine Fotografie über die Vorzeichnung mit Kugelschreiber, das sogenannte „stencil“, die sich in den Akten befand, dokumentiert deutlich, dass die Zeiger – kurz vor der endgültigen Tätowierung – auf den gewünschten Zahlen standen.

Da der Kunde nur sein Einverständnis für eine Tätowierung mit der richtigen Uhrzeit gegeben hatte, so das Gericht, habe er unnötige Schmerzen aushalten müssen. Rechtlich sei das sogar eine Körperverletzung. Schließlich müsse er – bis zu einer möglichen Korrektur – mit einem Tattoo leben, das er so nicht bestellt hatte. Über den Vorwurf des Klägers, das Tattoo sei „unsauber, schief und verlaufen“, konnte der Richter nicht entscheiden. Zwar habe er auch den Eindruck, dass die Uhr „etwas eierig“ sei, aber ob die Arbeit fachmännisch hergestellt wurde, dazu müsse ein Gutachter befragt werden.

Um weitere Kosten zu sparen, einigten sich die Parteien auf einen Vergleich. Die Inhaberin zahlt in Raten 1500 Euro an den Kläger. Wenn sie die Raten von 50 Euro regelmäßig zahlt und nicht säumig wird, bekommt sie einen Rabatt von 400 Euro. Dann muss sie nur 1100 Euro aufbringen. Der Vergleich ist, da die Protagonisten nur durch ihre Anwälte vertreten waren, noch nicht rechtskräftig.

AZ: Amtsgericht Bonn 112 C 84/16

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