Debatte im Bonner Landesmuseum Gesundheitsversorgung in Zeiten knapper Ressourcen

Bonn · Bei einer Gesprächsrunde auf Einladung des Bonner Gemeinschaftskrankenhauses stehen medizinische und ethische Fragen der Gesundheit im Vordergrund. Mediziner, Pfleger und Philosophen schildern ihre Sicht.

Das Gemeinschaftskrankenhaus Bonn hatte zum Diskussionsabend eingeladen.

Das Gemeinschaftskrankenhaus Bonn hatte zum Diskussionsabend eingeladen.

Foto: Benjamin Westhoff

Lange Wartezeiten bei Fachärzten, großer Mangel an Pflegekräften, geplante Schließungen von Krankenhäusern: Die Krise im Gesundheitswesen ist allgegenwärtig – Kosteneinsparungen und Leistungsreduzierungen im Gesundheitswesen aufgrund knapper Ressourcen offensichtlich unausweichlich. „Das Gesundheitswesen trägt die Folgen aller Krisen, in denen wir stecken und steckt selbst in der Krise. Wie gehen wir damit richtig um? Welche Lösungen gibt es?“, wollte Helge Matthiesen, Chefredakteur des General-Anzeigers, am Mittwochabend beim Diskussionsabend im Rheinischen Landesmuseum von den Podiumsteilnehmern wissen.

Krisen und Zukunft der Gesundheit

Das Gemeinschaftskrankenhaus Bonn hatte zu der Talk-Runde eingeladen und Vertreter unterschiedlicher Gruppen des Gesundheitswesens hatten sich auf dem Podium versammelt, um gemeinsam über „Die Krisen und die Zukunft der Gesundheit – vom Umgang mit knappen Ressourcen“ zu diskutieren. Die harten Arbeitsbedingungen während der Pandemiejahre führten in vielen Krankenhäusern zu einer hohen Fluktuation unter den Mitarbeitern, auch das Gemeinschaftskrankenhaus Bonn ist betroffen: „Jedes mal den Schutzanzug an- und ausziehen, wenn Patientenzimmer betreten werden und weitere schwierige Arbeitsbedingungen – für das Pflegepersonal ist dies eine große Belastung, die zu einem hohen Frustrationsgrad führte“, berichtete Sophie Krieger, Internistin am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn.

Doch der Beginn der Krise im Gesundheitswesen geht viel weiter zurück: „Berufsverbände weisen seit 30 Jahren auf die brenzlige Situation in der Pflege hin. Die Pandemie hat die Krise noch einmal verschärft insofern, dass Arbeitsabläufe sich vervierfacht haben. Auch wir haben dadurch viele Mitarbeiter verloren“, berichtete Frauke Hartung von der DRK Schwesternschaft.

Soraya Conradus hat trotz der herausfordernden Zeit während der Pandemie eine Ausbildung zur Pflegerin im Gemeinschaftskrankenhaus begonnen und sich von der harten körperlichen Arbeit und psychischen Belastung nicht abschrecken lassen. „Das Vertrauen, das die Patienten mir entgegenbringen, motiviert mich, meinen Beruf weiter auszuüben“, sagt Conradus.

Medizinische und ethische Sicht

Mit ihr haben 31 weitere Personen im Gemeinschaftskrankenhaus eine Ausbildung in der Pflege begonnen, 30 von ihnen sind dabei geblieben. „Wir sind stolz auf die Truppe, die während der Pandemie ihre Ausbildung begonnen hat“, sagte Jochen Textor, Ärztlicher Direktor am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn. Wenn aber weniger Ressourcen für die Behandlung zur Verfügung stehen, ist dann trotzdem eine optimale Versorgung der Patienten möglich? Diese Frage wurde in der Gesprächsrunde sowohl aus medizinischer, als auch aus ethischer Perspektive beleuchtet.

Der Kostendruck ist in den Krankenhäusern allgegenwärtig. „Die richtige Balance zwischen dem Patientenwohl und der wirtschaftlichen Stabilität des Krankenhauses zu finden ist eine große Herausforderung“, betonte Christoph Bremekamp, Oberer am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn. Wenn Prozesse nicht optimiert werden, sodass Patienten in kürzerer Zeit behandelt werden können, bestehe die Gefahr, dass das Gemeinschaftskrankenhaus vom Markt verschwinde.

Eine gute Wirtschaft ist essenziell wichtig für das Gesundheitswesen. Doch kritisierte Martin Booms, Ethikprofessor an der Alanus Hochschule Bonn, die Tendenz, den Fokus auf die ökonomische Rationalität zu legen. „Es ist wichtig, dass wir eine Krisenkompetenz für das Ganzheitliche entwickeln“, betonte Booms. Auch Christiane Woopen, ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates und Direktorin des Centers for Life Ethics an der Uni Bonn, kritisierte, dass der ganzheitliche Blick auf die Krise fehlt. „Oberstes Ziel muss das Wohl der Patienten sein. Man darf wirtschaftliche Ziele nicht über das Patientenwohl stellen“, betonte Woopen.

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