Stadtpatronefest in Bonn Glocken läuten das Lied der Stadtpatrone

BONN · Fast 200 Stufen geht es über schmale Treppen steil nach oben, dann ist Andreas Strauß an seinem Instrument im Kirchturm von St. Josef angekommen. Er schlägt mit den Fäusten auf eine Klaviatur, die das Carillon zum Klingen bringt, eines der größten Glockenspiele Europa.

Während des Stadtpatronefestes muss er hier täglich rauf: Jeweils um 16 Uhr spielt Strauß das Stadtpatrone-Lied zu Ehren der Märtyrer Cassius und Florentius.

Im Regal hinter dem Spieltisch stehen Kisten mit Lochstreifen, um die halbautomatische Mechanik des Instruments mit den Tonfolgen bekannter Kirchen wie "Lobet den Herren" oder "Macht hoch die Tür" zu füttern. Weil das Stadtpatrone-Lied eine Premiere ist und es zudem kaum noch Lochstreifen-Macher gibt, muss der Carilloneur eben Treppen steigen. Und wenn er schon mal oben ist, spielt er auch gleich noch die Bonner Stadthymne auf den 55 Spielglocken und sieben Läuteglocken der Kirche.

"Als ich nach Beuel kam, wusste ich gar nicht, was für einen Schatz wir im Kirchturm haben", sagte Dechant Wilfried Evertz. Erst eine Initiative des Beueler Schiffervereins und Spenden vieler Bürger brachten das Instrument von 1964 vor drei Jahren wieder zum Klingen. Das Glockenspiel ist der heiligen Adelheid gewidmet, die seit 2008 ebenfalls Stadtpatronin ist. Das Lied vom Kirchturm aus schafft nun eine Verbindung zu Cassius und Florentius.

"Die Beueler zeigen damit, dass die Stadtpatrone die Patrone von ganz Bonn sind", sagte Stadtdechant Wilfried Schumacher. Tausende Pilger werden in den kommenden Tagen durch das Münster zur Gruft der Stadtpatrone ziehen, die nur während der Festdekade geöffnet ist.

Der Bezirksbürgermeister wird den Stadtdechanten am Sonntagabend bitten, den Schrein mit den Reliquiaren zu öffnen und dabei auch einen Vers aus dem Stadtpatrone-Lied zitieren: "Schützet Bonn, die Stadt am Rhein."

Der Legende nach wurden die römischen Soldaten Cassius und Florentius am Hang des Kreuzbergs getötet, weil sie sich als Christen geweigert hatten, den römischen Kaiser anzubeten.

"Das Schicksal unserer Stadtpatrone, die wegen ihres Glaubens hingerichtet worden sind, ist nicht allein Geschichte, sondern leider für viele Menschen allgegenwärtige Bedrohung", so Stadtdechant Schumacher mit Blick auf diskriminierte und verfolgte Christen weltweit.

Stadtpatrone-Lied

Das Lied zu Ehren der Stadtpatrone stammt aus dem Jahr 1964 und ist eine Gemeinschaftsproduktion des damaligen Münster-Kantors Hubert Brings und eines Priesters namens Adolf Düppengießer, der in Bonn studiert hatte.

Der Text:

Cassius, Florentius,

ihr seid uns von Gott gegeben,

Söhne einer fernen Zeit

als ein Vorbild und Geleit.

Er verlangte euer Leben,

und ihr folgtet ihm bereit.

Söhne einer fernen Zeit.

Cassius, Florentius,

unschwer war, euch zu entscheiden, wo der wahre König war.

Statt der Götter Wahnaltar,

wähltet Tod ihr, Schmach und Leiden gläubig mit der Helden Schar.Wo der wahre König war.

Cassius, Florentius,

Erde ward des Blutes Schale,

unsre Heimat, euer Land.

Und aus unsrer Väter Hand

wuchs das Münster, euch zum Male,

das der Zeiten Sturm bestand.

Unsre Heimat, Euer Land.

Cassius, Florentius,

wehrt auch fernerhin dem Feinde,

schützet Volk und Stadt am Rhein!

Mehr als euer Grab aus Stein

lebt ihr fort in der Gemeinde:

Unser Herz sei Euer Schrein!

Schützet Bonn, die Stadt am Rhein!

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