Ostertraditionen: Gläubige gedenken der Leiden Jesu Großer Andrang an der Heiligen Stiege auf dem Kreuzberg

Bonn · Viele Menschen nutzen die Karwoche und die Feiertage zur Einkehr und zum Gebet. Großer Andrang herrscht an der zurzeit geöffneten Heiligen Stiege auf dem Kreuzberg.

Die gut besuchten Gottesdienste in den katholischen und evangelischen Kirchen in der Karwoche und zu Ostern zeigen: Für viele Menschen ist diese Zeit eben nicht nur eine Zeit für Familientreffen mit Ostereiersuchen oder zum Verreisen. Sie ist nach wie vor die für Christen wichtigste Woche des Kirchenjahres, die viele zur Besinnung und zum Gebet nutzen. Immer wieder beeindruckend ist der Andrang zum Beispiel an der Heiligen Stiege auf dem Kreuzberg. Sie ist traditionell nur zu Karfreitag, Karsamstag und zum Patronatsfest am 14. September für die Gläubigen geöffnet. Auch an diesem Karfreitag standen die Menschen zeitweise in langen Schlangen davor, um die 28 Stufen betend zu erklimmen – viele von ihnen auf Knien.

Und nicht nur aus Bonn waren die Pilger gekommen. Das Ehepaar Helene und Helmut Frings, beide katholisch, war extra aus Düren angereist, um die Heilige Stiege kennenzulernen. „Wir haben davon im Internet gelesen und sind neugierig geworden“, sagte Helene Frings. Mit Rücksicht auf ihre Knie ist das Paar aufrecht betend die Treppe hochgegangen. Mit dabei: Tochter Nadine und deren Ehemann Markus Lichtenberg aus Königswinter. Beide haben die Heilige Stiege bislang auch noch nicht besucht und zeigten sich sehr beeindruckt von dem Bauwerk, aber auch von den vielen Pilgern. Barbara und Frank Miessner wohnen in Bonn, kennen die Heilige Stiege aber ebenfalls nicht von innen. „Wir hatten im General-Anzeiger gelesen, dass sie geöffnet ist, und wollen dort ein Gebet sprechen“, sagte Barbara Miessner.

Torsten Breuer (23) ist evangelisch und ganz angetan von der Tradition des Betens an der Heiligen Stiege. „Man kann die Osterbotschaft von Tod und Auferstehung hier wirklich hautnah erleben“, beschreibt der Kölner Student seine Eindrücke. Das nächste Mal wolle er seine Freundin mitnehmen, „die gehört zwar keiner Religion an, aber das tut auch ihrer Seele bestimmt gut“, ist der junge Mann überzeugt.

Kurfürst Clemens August (1700-1761) hatte die Heilige Stiege nach den Plänen des berühmten Barockbaumeisters Balthasar Neumann auf dem Kreuzberg gestiftet. Sie wurde 1751 eingeweiht. Die Heilige Stiege auf dem Kreuzberg ist eine Nachbildung der Scala Sancta in Rom. Es ist die vom Palast des Pilatus stammende Treppe, die Jesus vor seiner Verurteilung zum Tode am Kreuz hinaufsteigen musste und die der Legende nach später nach Rom gebracht worden sein soll. Die Heilige Stiege ist unmittelbar an die 1627 errichtete Kreuzbergkirche angebaut. Im Barock, so heißt es in historischen Quellen, waren Heilige Stiegen besonders in Bayern beliebt – im Rheinland ist die Bonner die einzige ihrer Art. Auf dem Balkon außen ist die sogenannte „Ecce Homo“ Szene (seht, da ist ein Mensch) dargestellt. Tuffsteinfiguren stellen zum einen Pilatus und seinen Soldaten und zum anderen Christus als Angeklagten dar.

Die Heilige Stiege selbst besteht aus zwei seitlichen Treppen und der breiten Hauptstiege in der Mitte, die den auf den Knien betenden Pilgern vorbehalten ist. Am Ende der Treppe steht das Kreuz als Schlusspunkt der Passion. Der frühere Landeskonservator und heutige Vorsitzende des Fördervereins des Stadtmuseums, Gisbert Knopp, hat die Heilige Stiege einmal als „Zeugnis barocker Volksfrömmigkeit und fürstlicher Prachtliebe“ bezeichnet.

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