Festakt im Haus der Geschichte GSG 9 feiert in Bonn 40. Jahrestag der "Landshut"-Befreiung

Bonn · 40 Jahre nach der Flugzeugbefreiung in Mogadischu hat die GSG 9 an ihren Erfolg mit einer Feierstunde im Haus der Geschichte erinnert. Noch heute spielen die Ereignisse in Somalia eine besondere Rolle für die Spezial-Einheit.

Sieben Minuten, die Geschichte schreiben: Als am 18. Oktober 1977 um 0.05 Uhr auf dem Flughafen von Mogadischu in Somalia schwer bewaffnete Männer der Bundesgrenzschutz-Gruppe 9 (GSG 9) unter Leitung ihres Gründungskommandanten Ulrich Wegener in Zivilkleidung die entführte Lufthansa-Maschine „Landshut“ stürmen, ist der Ausgang so offen, dass im Bonner Bundeskanzleramt für den Fall der Fälle schon die Rücktrittserklärung von Helmut Schmidt bereitliegt. Eine Minute später fliegen Blendgranaten, zwei Minuten später beginnt die Evakuierung der 86 Geiseln. Um 0.11 Uhr melden die Einsatzführer Feuergefechte im Cockpit und an der Flugzeug-Toilette. Um 0.12 Uhr ist der Spuk vorrüber. Drei der vier Entführer sind tot, ein Polizist und eine Stewardess verwundet.

Mit dem Einsatz habe sich die Einheit in die Geschichtsbücher geschrieben, sagt der Historiker Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, am Montagnachmittag bei einer Feierstunde zum 40. Jahrestag der Operation „Feuerzauber“ und zum 45-jährigen Bestehen der GSG 9. Entstanden war sie 1972 nach dem Attentat von München mit elf israelischen Opfern.

Einer, der damals in Somalia sein Leben für die Geiseln aufs Spiel setzte, sitzt im Theater des Hauses unter 500 geladenen Gästen bescheiden in der letzten Reihe. Seinen Namen behält der unscheinbar gekleidete Pensionär für sich, aber die Aufregung ist ihm anzumerken. „Das war unser erster echter Einsatz“, sagt der Zeitzeuge. Die sieben Minuten seien ihm vorgekommen wie Augenblicke: „Man hat uns reingeschickt und wir sind gegangen.“ Doch für die weiteren Jahre im Dienst der in Sankt Augustin stationierten GSG 9 habe ihn die Nacht von Mogadischu geprägt. „Ich war immer schon ein ruhiger Typ. Aber danach bin ich noch ruhiger geworden“, sagt er.

Starke Vernetzung ins Ausland

40 Jahre danach präsentiert sich die Spezial-Truppe der Bundespolizei in einem Werbefilm während der Feierstunde weniger bescheiden. Waffenstrotzende Männer springen dort zu dramatischer Trommel-Musik aus Helikoptern, durchschwimmen Flüsse, stürmen Gebäude. „Wir vollbringen Leistung. Wir sind überlegen“, heißt es aus dem Off. Polizeiarbeit wie in Hollywood.

Die Einsatzrealität ist eine andere, betont der Präsident des Bundespolizeipräsidiums, Dieter Romann. In über 1900 Einsätzen bisher sei nur siebenmal scharf geschossen worden, nur in Mogadischu und 1993 in Bad Kleinen gegen Personen. Sieben eigene Tote hat die Truppe zu beklagen.

Die Gefahren für Deutschland und seine Bürger hätten indessen nicht abgenommen, warnt Roman. Seit August gehört die GSG 9 deshalb zur Bundespolizeidirektion 11, die Spezialkräfte des Bundes wie die Skymarshalls oder die IT-Forensik unter einen Hut bringen soll für Einsätze von Bund und Ländern und im Ausland. Die GSG 9 selbst soll eine vierte Einsatzgruppe erhalten, um in Berlin schneller präsent zu sein. Man ist zudem weltweit vernetzt: Viele hoch dekorierte Vertreter von FBI, dem britischen Sas, aus Israel, Norwegen oder Brasilien sitzen beim Festakt.

Doch nicht nur Taktik und Technik machen die Truppe erfolgreich. Mogadischu sei eine Verpflichtung und ein „Motivationsschub bis heute“, sagt der heutige Kommandeur Jérome Fuchs. Er nimmt es lakonisch: „Nach uns kommt keiner mehr. Wir können nicht die Polizei rufen.“

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