Prüfer: Zeitverzug war früh klar Beethovenhallen-Sanierung: Gutachter sehen Versäumnisse der Stadt

Bonn. · Das Sanierungs-Drama in der Beethovenhalle war offenbar schon viel früher absehbar, als es die Stadtverwaltung bisher dargestellt hat. Die Stadt widerspricht und erklärt, im Juni 2017 habe ein Terminplan der Architekten eine Fertigstellung bis 2019 in Aussicht gestellt.

 Dauerbaustelle Beethovenhalle: Nach bisheriger Planung ist sie frühestens 2024 fertig.

Dauerbaustelle Beethovenhalle: Nach bisheriger Planung ist sie frühestens 2024 fertig.

Foto: Benjamin Westhoff

Offenbar war das Sanierungs-Drama in der Beethovenhalle schon viel früher absehbar, als es die Stadtverwaltung bisher dargestellt hat. Das jedenfalls legt ein vertraulicher Bericht des Büros Karl Heinz Schütz und Partner (KHSP) nah, das von der Stadt auf Drängen der Ratskoalition beauftragt worden war, das Projekt zu durchleuchten. Demnach war schon kurz nach Beginn der Arbeiten im Frühjahr 2017 klar, dass die Halle nicht rechtzeitig zum Beethoven-Jubiläumsjahr fertig werden würde.

Die Entwurfsplanung (die sogenannte Leistungsphase 3) konnten die Architekten erst Mitte 2016 mit großem Zeitverzug vorlegen, nachdem der Rat im Dezember 2015 den ursprünglich von der Verwaltung vorgeschlagenen Sanierungsumfang unter anderem um einen Technikanbau erweitert hatte. Später kamen Architekten und Fachplaner mit der Ausführungsplanung (Phase 5) nicht hinterher, konstatiert das Fachbüro. Außerdem sei die Bausubstanz des Gebäudes „spät und dann auch nur fallweise“ untersucht worden. So habe es immer wieder böse Überraschungen gegeben, die zu Planungsänderungen und zusätzlichen Aufträgen an die Baufirmen führten.

Kurz nach Baustart 2017, konstatieren die KHSP-Prüfer, habe der „erhöhte Zeitbedarf“ bereits „mindestens 14 bis 19 Monate“ betragen. Sie schreiben vom „offensichtlichen Wunsch der Beteiligten, das Objekt im Jahr 2019 zur Nutzung bereit zu stellen“. Und weiter: „Nur so können wir uns die nahezu unveränderte Beibehaltung des ursprünglich geplanten Baubeginns und der Bauzeit erklären. Die hierfür erforderliche Planungstiefe und Vorbereitung der (Auftrags-)Vergaben muss bezweifelt werden.“

Die Stadtverwaltung widerspricht. Noch im Juni 2017 hätten die Architekten einen Terminplan vorgelegt, der eine Fertigstellung im März 2019 vorgesehen habe, erklärt das Presseamt. Außerdem habe sich die Stadt in ihrer Kommunikation auch auf die Angaben der externen Projektsteuerer gestützt. „Die von KHSP nun errechnete Verzögerung ergibt sich erst bei einer teilweise theoretischen Auswertung der Ereignisse im Nachhinein und war zum damaligen Zeitpunkt so nicht erkennbar“, betont Stadtsprecherin Monika Hörig.

Die Prüfer geben Empfehlungen, wie die Sanierung weitergeführt werden sollte. Sie raten, die Projektorganisation zu verschlanken (siehe „Wer macht was?“). Auf dem zentralen Datenserver der Baustelle, so die Experten, sollte zudem dringend Ordnung geschaffen werden. So müssten dort Dateien nach einem „einheitlichen und nachvollziehbaren System“ benannt und „alle wesentlichen Pläne“ für das Projekt sichtbar sein. Bisher seien auf dem Server mehr als 2100 Dokumente gespeichert, ohne in Ordner- und Unterordnerstrukturen einsortiert zu sein. KHSP drängt darauf, Baufirmen und Planer vertraglich auf konkrete Fertigstellungstermine festzunageln. Das müsse kontrolliert werden, und bei Verzug müsse die Stadt „konsequent“ handeln. „Verbleibende Planungsumfänge“ müssten klar definiert werden.

Der Bericht spiegelt den Stand vom November 2019 wider. „Die eingetretenen Störungen des Planungs- und Bauablaufs“, stellen die Prüfer darin fest, „sind bis heute nicht abgestellt“. Laut Presseamt hat die Stadt die Kritikpunkte und Vorschläge des Fachbüros bereits aufgegriffen. Monika Hörig: „Nach zwischenzeitlich erfolgter Stellungnahme geht KHSP davon aus, dass die seinerzeit eingetretenen und benannten Störungen im Planungs- und Bauablauf hierdurch sukzessive abgebaut beziehungsweise beseitigt werden können.“

Allerdings existiert noch immer kein verbindlicher Terminplan für die Baustelle. Die notwendige Abstimmung mit den Firmen habe Ende Februar begonnen und werde voraussichtlich noch drei bis vier Monate dauern, so das Presseamt. Nach heutigem Stand könne die Beethovenhalle Mitte 2024 übergeben werden. Die Kostenprognose liege bei 146 Millionen, schlimmstenfalls 167 Millionen Euro. Ursprünglich geplant waren 61,5 Millionen.

Alle Gewerke, die zwischenzeitlich wegen Verzögerungen auf der Baustelle der Beethovenhalle von den Firmen gekündigt worden waren, sind laut Stadtverwaltung wieder vergeben. Die Corona-Krise wirke sich bisher nicht auf die Präsenz der Firmen vor Ort aus. Und noch eine gute Nachricht: Das neue Dach hat entgegen früherer Angaben der Stadt nun doch keine erheblichen Mängel.

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