GWG-Korruptionsprozess in Bonn Zeugenbefragung wird fortgesetzt

Bonn · Im Korruptionsprozess gegen zwei frühere Manager der Bonner Wohnungsgenossenschaft GWG verstrickte sich der Kronzeuge auch am zweiten Tag seiner Vernehmung in Widersprüche.

 Vor dem Bonner Landgericht geht die Verhandlung eines Korruptionsprozesses weiter.

Vor dem Bonner Landgericht geht die Verhandlung eines Korruptionsprozesses weiter.

Foto: dpa/Oliver Berg

Als Kronzeuge dürfte Udo R. nur bedingt taugen: Am Donnerstagmittag ging die Befragung des Ex-Bauunternehmers als Zeuge im Korruptionsprozess gegen zwei frühere Manager der Bonner Wohnungsgenossenschaft GWG in die zweite Runde, aber es schien über weite Strecken einfacher einen Pudding an die Wand, als den 50-jährigen gelernten Fliesenleger auf eine konkrete Aussage festzunageln.

Seit Mitte August müssen sich der ehemalige Technische Leiter der Genossenschaft Bernd M. (57) und der früheren hauptamtliche Vorstand Michael H. (50) wegen Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vor der 7. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, Schmiergeld von dem Ex-Bauunternehmer Udo R. angenommen zu haben.

Schaden beträgt 1,4 Millionen Euro

Der Schaden für das Wohnungsunternehmen soll sich in den fraglichen Jahren von 2011 bis 2016 auf 1,4 Millionen Euro summiert haben. Während der Ex-Vorstand H. die Vorwürfe von sich weist, schweigt der frühere Technische Leiter bislang.

Bereits am Mittwochvormittag hatte Udo R. rund fünf Stunden im Zeugenstand verbracht und das mutmaßliche Schmiergeld-System beschrieben. Der technische Leiter der GWG habe für jede Leistung bestimmte Aufschläge verlangt, die der Rechnung zugeschlagen und dem Manager in bar ausgezahlt worden seien.

An viele Details, die er Ermittlern in früheren Befragungen genannt hatte, mochte sich der Kronzeuge aber plötzlich nicht mehr erinnern. Bereits am ersten Tag war der Vorsitzenden Richterin Anja Johansson ob der schier unzähligen Erinnerungslücken einmal der Kragen geplatzt. Ob er denn das Gericht verschaukeln wolle, fragte sie den Zeugen.

Eine Frage, die auch am zweiten Tag der Zeugenvernehmung ständig im Raum stand: So gut wie jeder im Saal schien sich zu fragen, ob der 50-Jährige seine, in bestem rheinischen Slang vorgetragene, Ahnungslosigkeit nur spielte, oder ob der Mann möglicherweise tatsächlich keinerlei Bezug zu Zahlen hat. Viele der früheren, ihm nun erneut von der Kammer vorgehaltenen Aussagen bestätigte der Zeuge zunächst, um sie dann zu relativieren und schließlich oft sogar in ihr Gegenteil zu verkehren.

Zu mehreren Dokumenten mit handschriftlichen ergänzten Euro-Beträgen befragte die Vorsitzende den Zeugen. In einigen Fällen erkannte er zwar seine Handschrift, konnte aber zu der Bedeutung der sechsstelligen Summen keinerlei Angaben machen. Immerhin: bei einer Summe von 280.000 Euro könne es sich durchaus um die vereinbarten Schmiergeldzahlungen handeln, ließ er das Gericht wissen. Die Gesamtrechnung für die Aufstockung des zur Debatte stehenden Objekts an der Kölnstraße habe seiner Erinnerung nach „zwei Millionen und ein paar Zerquetschte“ betragen.

Die Anklage in dem Korruptionsprozess stützt sich allerdings zu einem guten Teil auf die Aussagen von Udo R.: So hatte dieser früher einmal ausgesagt, dass der frühere hauptamtliche Vorstand Michael H. im Hintergrund die Fäden ziehe und den größten Teil der Zahlungen erhalten habe. Bei einem Treffen von ihm und H. habe der Technische Leiter nur vor der Türe Wache gehalten. Das alles mochte er nun aber nicht mehr bestätigen.

Unglaubliche Chuzpe des Zeugen

Als sich der 50-Jährige zu guter Letzt nicht einmal mehr an frühere Verurteilungen erinnern mochte, reichte es der mittlerweile, angesichts der unglaublichen Chuzpe des Zeugen, sogar amüsiert wirkenden Richterin schließlich: Sie schickte den 50-Jährigen vor die Tür, um mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft die früheren Verfahren gegen den Zeugen zu sammeln. Und dabei kristallisierte sich dann heraus, dass der Mann offenbar bereits 2016 vor dem Siegburger Amtsgericht wegen Bankrotts verurteilt worden war. Eine Steilvorlage für die Verteidigung, die den Zeugen nun als völlig unglaubwürdig bezeichnete.

„Der Mann lügt uns hier die Hucke voll“, so M‘s Anwalt Peter Krieger. Der Verteidiger hatte kurz vor der Unterbrechung dem Zeugen noch die Frage gestellt, ob er denn wisse, was ein Bankrott sei: Wenn er als Unternehmer kein Geld mehr habe, antwortete Udo R. „Nein,“ korrigierte ihn der Anwalt: Das sei Insolvenz. Bankrott bedeute, dass man sein insolventes Unternehmen ausplündere.

Das Gericht will die Befragung nun erst Ende des Monats fortsetzen und bis dahin weitere Zeugen hören.

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