Bonner Innenstadt Händler haben Angst vor steigenden Ladenmieten

Bonn · Die Neubauten am Bahnhof sehen viele Geschäftsinhaber als Chance für die Bonner City. Die Einzelhändler befürchten allerdings steigende Mieten für Geschäftsflächen. Wir haben uns bei den Beteiligten in der Innenstadt umgehört.

Buchhändler Alfred Böttger trauert seinem Standort nicht hinterher. „Es ist die richtige Entscheidung“, sagt er. Böttger gibt zum 20. Februar das Geschäft an der Maximilianstraße auf und zieht um. Zu groß ist die Sorge, durch die anstehenden Bauarbeiten Umsatz einzubüßen und später eine höhere Miete zahlen zu müssen. Doch entgegen seiner Erwartungen war es nicht schwierig, einen neuen, erschwinglichen Laden zu finden. „Es gibt noch viele Vermieter, denen es nicht um Profit, sondern die Vielfalt in der Stadt geht“, sagt Böttger.

Das Bonner Citymarketing sieht diese Vielfalt als notwendig, um Kunden in die Innenstadt zu ziehen. „Derzeit haben wir eine gesunde Mischung aus großen Filialen und kleinteiligen, inhabergeführten Geschäften“, sagt die Geschäftsführerin des Einzelhandelszusammenschlusses, Maike Reinhardt. Während große Ketten Waren für die Massen anbieten, besetzen kleine Läden Nischen und sorgen für Individualität und Persönlichkeit. Das Problem sind die steigenden Mieten für Geschäftsflächen: „Darüber sind wir nicht glücklich, denn das macht es für die Einzelhändler schwierig zu überleben.“

Der Verein Citymarketing sucht deshalb regelmäßig Gespräche mit Immobilienmaklern und Eigentümern, um sie für diese Situation zu sensibilisieren. „Jedem muss etwas ermöglicht werden, das ist wichtig für unsere Stadt“, sagt Reinhardt. Doch dort, wo sich steigende Mietpreise andeuten, gibt es auch Spekulanten. So haben an der Maximilianstraße einige Geschäftsleute Angebote bekommen, ihre Läden zu veräußern. „Das Maximilian-Center wird das Areal aufwerten, dann könnten auch die Mieten steigen“, erklärt Reinhardt. Grundsätzlich sei die Neugestaltung aber der richtige Weg. Viel zu lange sei dort nichts passiert.

Während Böttger wegen Baulärm, -dreck und -zäunen wegzieht, freut sich sein Nachbar Raad Andraws Hanna auf den Abriss. „Dann betreibe ich das einzige Internetcafé hier“, sagt er. Die Kunden seien ihm damit sicher. Doch Angst vor steigenden Mieten hat er trotzdem. Eine 1 a-Lage könne er sich nicht leisten, selbst mit mehr Kundschaft.

Läden geraten durch Online-Handel unter Druck

In der 1 a-Lage, dazu gehören beispielsweise die Remigius- und die Sternstraße, können sich allerdings kaum noch inhabergeführte Geschäfte halten. Aus dem Grundstücksmarktbericht der Stadt geht hervor, dass dort für Ladenflächen von 50 Quadratmeter Größe zwischen 75 und 120 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden. Eine durchschnittliche Monatskaltmiete liegt also bei solch einer Größe bei rund 5000 Euro. „Das können sich nur noch große Unternehmen leisten, die entsprechende Finanzkraft haben“, sagt Adalbert von der Osten, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg.

Angesichts des florierenden Online-Handels gerate der klassische Handel in Innenstädten verstärkt unter Druck. Ähnlich wie Citymarketing sieht er ein vielseitiges Angebot als Chance, um die Stadt attraktiv zu halten. Die Verwaltung sieht die Innenstadt gut aufgestellt: „Wir haben kaum flächendeckenden Leerstand“, erklärt Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Die Verwaltung könne allerdings nur die Rahmenbedingungen durch Flächenausweisungen vorgeben und habe keinen Einfluss auf den Vermieter.

„Für Individuelles ist kaum noch Platz.“

Überwiegend an Filialisten vermietet die Aachener Grundvermögen, eine Kapitalverwaltungsgesellschaft, an der auch die katholische Kirche beteiligt ist. „Die meisten unserer Bonner Immobilien liegen eben in bester Lage, aber wir treffen unsere Entscheidung für einen Mieter immer unter dem Aspekt Nachhaltigkeit“, sagt deren Prokurist Guido Franke. Manchmal sei es sinnvoller, eine geringere Miete zu verlangen, die der Mieter dann aber auch zuverlässig zahlen könne.

In der Fürstenstraße baut der Bonner Kaufmann Jörg Blömer ein neues Haus, wo früher ein Teil der verschlungenen Bouvier-Verkaufsräume untergebracht war. Es wird sein letztes Bauprojekt sein. „Ich habe keine Lust mehr“, sagt der Immobilienkaufmann, der bis 2000 das große Textilwarengeschäft Blömer am Bonner Markt betrieb. Den Rückgang kleinerer Geschäfte und die Zunahme der großen Ketten bedauert er: „Für Individuelles ist kaum noch Platz.“ Mit ein Grund aus seiner Sicht: Die hohen Auflagen der Stadt bei Bauvorhaben vom Brandschutz bis zum Fledermausgutachten.

Dadurch steige auch der Mietpreis. „Ich kenne mehr tote Einzelhändler als lebendige, aber man muss auch sagen, dass die Kunden nicht mehr so hochwertig einkaufen.“ Die Bebauung vor dem Hauptbahnhof hält er wie von der Osten und Franke grundsätzlich für sinnvoll, um die Stadt zu entwickeln: Allerdings sieht er die Masse der Bauten kritisch: „Wir könnten mehr Freiraum in der Stadt brauchen“, meint Blömer.

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