Senkung der Mehrwertsteuer Bonner sparen beim Einkaufen nur wenig Geld

Bonn · Vier Wochen nach Absenkung der Mehrwertsteuer bleibt der Kaufimpuls bei Bonner Händlern aus. Auch die Kunden sind nicht zufrieden: Denn das beim Einkaufen gesparte Geld reicht nicht mal für ein Eis.

 Voller Einkaufskorb: (v.l.) Ruth und Moritz Kirchesch aus Küdinghoven mit ihren Kindern Paula, Anton und Greta.

Voller Einkaufskorb: (v.l.) Ruth und Moritz Kirchesch aus Küdinghoven mit ihren Kindern Paula, Anton und Greta.

Foto: Martin Wein

Es wurde von der Politik verkauft wie ein Geldregen, der Handel und Dienstleistungsgewerbe viele neue Kunden einbringen sollte. Für Ruth Kirchesch ist die Absenkung der Mehrwertsteuer kaum der Rede wert. „Bei Lebensmitteln macht sich das praktisch gar nicht bemerkbar“, sagt die Mutter von drei Kindern aus Küdinghoven.

Die fünfköpfige Familie braucht jede Woche eine ganze Wagenladung Obst, Gemüse, Brot, Milch, Saft und weitere Produkte. „Für die Ersparnis kann ich mir aber kaum ein Eis kaufen“, schimpft Kirchesch. „Wir kaufen so ein wie vorher“, zieht sie nach dem ersten Monat Bilanz.

Auch aus Sicht des stationären Einzelhandels hat die Steuersenkung keinen Konjunktur-Impuls ausgelöst. Nicht einmal bei teuren Produkten wie Autos, bei denen es sich eher lohnt: „Leider kann ich für mein Autohaus nichts Positives über die Mehrwertsteuersenkung berichten“, sagt Klaus Linden. Er betreibt in Beuel das Autohaus Bachem als Opel-Vertretung. Das Kaufverhalten der Kunden sei noch vorsichtiger geworden, beobachtet er. Erst nach Ende der Sommerferien und bei weiterer Normalisierung hoffe er ab September auf Besserung. Eine Innenausstatterin in der Innenstadt konnte ebenfalls keine neuen Kunden gewinnen. Ihr ist das etwas peinlich. Darum möchte sie nicht namentlich zitiert werden.

Preiskampf bringt dem Kunden mehr als Steuersenkung

Auch für hochwertige Elektronik wirkt der Steuerabschlag kaum absatzfördernd. Es habe vielmehr Käufe gegeben, die bewusst nach hinten verschoben wurden, um den Preisvorteil mitzunehmen, berichtet Michael Wels von Foto Brell am Bonner Markt. Dieser Effekt sei nach vier Wochen längst verpufft. Der Konkurrenzdruck aus dem Internet zwinge zu ständigen Preisanpassungen. Das sei ein weitaus größerer Treiber als drei Prozent Steuervorteil.

Die meisten Händler gäben den Steuervorteil ohne Abzug weiter, sagt Jannis Vassiliou, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Bonn/ Rhein-Sieg/ Euskirchen. „Leider hat diese von der Bundesregierung initiierte Maßnahme sich als wirkungslos erwiesen“, sagt Vassiliou. Bei einem Kilogramm Kartoffeln zum Preis von 2,50 Euro betrage die Ersparnis gerade einmal sieben Cent. Da seien selbst herkömmliche Rabatte des Handels deutlich größer. Selbst bei einem Auto für 25 000 Euro sei die Preissenkung nicht besonders spürbar.

Einige Geschäfte nutzten die Steuersenkung für Rabattaktion

Vassiliou ist überzeugt: Eine Senkung von Lohn- und Einkommenssteuer hätte dagegen direkt mehr Geld in die Portemonnaies der Verbraucher gespült und die Konsumlaune deutlich erhöht.

Manche Geschäftsleute haben die Mehrwertsteuersenkung zum Anlass für eigene Rabattaktionen genutzt. Die Modehaus-Kette C & A warb in Bonn mit einer verdoppelten Preissenkung. Andererseits haben nicht alle Handelsketten die Steuersenkung auch weitergegeben. In der Gastronomie waren Preissenkungen die Ausnahme. Ruth Kirchesch glaubt, die Preise in Eisdielen hätten sogar angezogen: „Für eine Kinderportion habe ich in Beuel letzte Woche sogar fünf Euro bezahlt“, sagt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort