Neubaugebiet Am Hölder in Röttgen Häuslebauer fühlen sich getäuscht

RÖTTGEN · Im Neubaugebiet Am Hölder in Röttgen stehen in der vierten Bewerbungsrunde noch 16 städtische Baugrundstücke zum Verkauf. Doch wer sie erwerben will, sollte vor allem auch einen genauen Blick auf die Höhe der geforderten Erschließungsbeiträge werfen.

 Das Baugebiet ist über den Kreisel an der Reichsstraße erreichbar. Im Hintergrund sieht man drei der Mehrfamilienhäuser.

Das Baugebiet ist über den Kreisel an der Reichsstraße erreichbar. Im Hintergrund sieht man drei der Mehrfamilienhäuser.

Foto: Max Malsch

Denn einige der neuen Grundstückseigentümer werfen der Stadt Bonn Täuschung vor. Einer von ihnen ist Kornel Knöpfle, dem im Dezember 2014 im Kaufvertrag eine Zahlung von 6188 Euro für Erschließungsbeiträge abverlangt wurde. Zwar hieß es, dass die endgültige Höhe derselben noch nicht feststehe, aber acht Monate später kam die Nachforderung - nämlich weitere 7548 Euro, die Ende dieses Monats zu zahlen sind. Bei anderen waren die Nachforderungen sogar noch höher, berichtet der Kritiker.

Die Häuslebauer werfen der Stadt Bonn vor, ihnen keinen reinen Wein eingeschenkt zu haben. Man habe ja mit einer Erhöhung um 10 bis 20 Prozent rechnen können, aber nicht mit einer solchen Kostensteigerung von 122 Prozent, heißt es.

"Trotz besseren Wissens wurde an keiner Stelle erwähnt, dass die tatsächlichen Erschließungskosten mehr als doppelt so hoch sein werden wie die Vorauszahlung", sagt Knöpfle. Und da kaum jemand so viel Geld herumliegen habe, müssten die Käufer wohl eine Nachfinanzierung bei ihrer Bank stemmen. "Wären die Kosten am Anfang bekannt gewesen, wäre ein leicht höherer Kredit wohl für niemanden ein Problem gewesen", glaubt Knöpfle.

In der Tat war die Gesamthöhe der Erschließungskosten vorab kalkuliert worden, und zwar sogar relativ genau. In einer Sitzungsvorlage für März 2014 waren die Kosten für Straßenbau, Beleuchtung, Entwässerung und Begrünung auf rund 3,3 Millionen Euro hochgerechnet worden - genau der Betrag, der jetzt im August 2015 festgesetzt und zu 90 Prozent auf die Häuslebauer umgelegt wird.

Der böse Verdacht der Betroffenen: Die Stadt habe wider besseres Wissen die Beiträge bewusst zu niedrig angesetzt, um Interessenten zum Kauf der Grundstücke zu animieren. "Das wäre arglistige Täuschung", findet Knöpfle. "Zumindest aber wurde unterlassen, die Information zu geben, dass der Käufer sich auf mehr als doppelt so hohe Erschließungsbeiträge einstellen muss."

[kein Linktext vorhanden] In der Tat stand in besagter Sitzungsvorlage auch der lapidare Satz: "Voraussichtlich im Frühjahr 2015 werden 50 Prozent der beitragsfähigen Erschließungsaufwendungen durch die Erhebung von Vorausleistungen refinanziert." Das lasen die Politiker, aber nicht die Eigentümer, denen dieses Detail nicht mitgeteilt wurde. Warum erst mal nur 50 Prozent fällig werden sollten, wurde offenbar nicht hinterfragt.

Die Stadt Bonn will den Vorwurf der Täuschung nicht auf sich sitzen lassen. Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch entgegnete, dass nach umfassender Prüfung der Vorwurf jeder Grundlage entbehre. Die Vermarktung städtischer Grundstücke bedürfe keiner besonderen "Anregungen".

[kein Linktext vorhanden] Wegen der Komplexität des Entwässerungssystems und daraus resultierender Aufklärung über den Aufwand habe die Verwaltung vorsorglich nur etwa die Hälfte der vermuteten Beitragslast gefordert. Und schließlich: Viele Bewerber für die Grundstücke hätten sich beim Bauordnungsamt gesondert erkundigt, was noch an Kosten auf sie zukomme. Und dort hätten sie dann jeweils die nötigen Informationen erhalten.

Die Stadt Bonn führt eine Bürgerversammlung am Mittwoch, 21. Oktober, um 19.30 Uhr im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium durch. Dabei geht es vorrangig um den Endausbau der Straßen im Neubaugebiet Am Hölder.

"Das wird hier eine sehr schöne Siedlung"

Im Neubaugebiet Auf dem Hölder im Norden Röttgens sind die Bauarbeiten in vollem Gange, manche Familien wohnen bereits in ihren neuen Eigenheimen, andere müssen sich noch gedulden. Rund 280 Wohnungen entstehen hier und man rechnet mit 1000 Neubürgern, die zuziehen werden.

Zwei von ihnen sind Stefan und Irina Gabriel. Sie haben im Mai den Vertrag für ihre moderne Dreizimmer-Eigentumswohnung mit Aufzug, Tiefgarage und zwei Balkonen in einem Siebenparteien-Haus unterschrieben. Sie bauen allerdings nicht selbst, sondern lassen von der Montana-Wohnungsbau GmbH aus Bad Honnef schlüsselfertig bauen. Noch steht das Haus erst im Rohbau, im September 2016 soll ihre Wohnung in der zweiten Etage fertig sein, sodass sie einziehen können. Ihr Reihenhaus in Hangelar, in dem die Gabriels noch wohnen, wollen sie dann vermieten, wenn es mit dem Umzug so weit ist.

"Wir wollten wieder nach Bonn ziehen und suchten außerdem etwas, wo wir im Alter keine Treppen steigen müssen", erzählt Stefan Gabriel (56). Dann schauten sie sich ein Objekt in Ippendorf an und sahen in Röttgen die Baukräne. "Und dann haben wir im Internet nachgeschaut, was hier passiert."

"Wichtig war mir, dass alles auf einer Ebene ist und ich einen tollen Blick über das Tal nach Bonn habe", sagt seine Ehefrau. Die Kinder sind aus dem Haus, und im Gegensatz zu dem vor 25 Jahren privat gebauten Eigenheim wolle man jetzt schlüsselfertig bauen.

"Das wird hier eine sehr schöne Siedlung", ist das Ehepaar überzeugt. In Röttgen haben sich die Gabriels bereits umgeschaut. "Wir kennen uns hier schon aus", sagen sie. Der Kottenforst mit seinen Spazierwegen hat es ihnen angetan, dort waren sie schon mehrfach unterwegs. Die Lage des Orts in der Natur kennt der Referatsleiter im Arbeitsschutz aber schon aus seiner Studienzeit auf dem Venusberg.

Nur ihre neuen Mitbewohner im Siebenparteien-Haus kennen sie noch nicht. "Da lassen wir uns überraschen", sagt Gabriel. Dass er künftig nicht mehr zu Fuß zu seiner Arbeit in Hangelar gehen kann, sondern 17 Kilometer fahren muss, macht dem Neu-Röttgener nichts aus. Die Wohnung und das neue Umfeld locken.

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