Rücktritt von Bonner SPD-Chef Harder: "Ich mache den Weg für einen Neuanfang frei"

BONN · Als Ernesto Harder am Mittwochmittag zur Pressekonferenz im Alten Rathaus eintraf, war die Nachricht von seinem Rücktritt als SPD-Parteichef längst rund.

 Gute Miene zum bösen Spiel? Nach seinem Rücktritt als Parteichef der Bonner SPD bemüht Ernesto Harder sich bei der Pressekonferenz im Rathaus um Sachlichkeit. FOTOS: NICOLAS OTTERSBACH

Gute Miene zum bösen Spiel? Nach seinem Rücktritt als Parteichef der Bonner SPD bemüht Ernesto Harder sich bei der Pressekonferenz im Rathaus um Sachlichkeit. FOTOS: NICOLAS OTTERSBACH

Foto: Nicolas Ottersbach

Am Abend vorher hatte der 37-Jährige bei der Vorstandssitzung in der Parteizentrale in Poppelsdorf das Handtuch geworfen. "Ich mache den Weg für einen Neuanfang frei", erklärte er.

Seinen Rücktritt begründete er mit der Entscheidung der Mitgliederversammlung am vergangenen Samstag, Peter Ruhenstroth-Bauer (58) zum OB-Kandidaten zu wählen. "Dazu gratuliere ich Peter Ruhenstroth-Bauer voller Anerkennung und rufe alle Mitglieder auf, sich nun geschlossen hinter ihn zu stellen", sagte Harder, der selbst auch kandidiert hatte, aber mit 153 zu 227 Stimmen durchgefallen war.

"Meine OB-Kandidatur und meine Arbeit als Unterbezirksvorsitzender sind offensichtlich miteinander verwoben worden. Für viele Mitglieder war ich nicht wählbar, weil ich als Parteivorsitzender verantwortlich für die Wahlniederlagen der SPD in Bonn bin", sagte er.

Eine Erklärung, die Fragen aufwarf. Schließlich liegt die letzte Kommunalwahl, bei der die SPD gerade einmal bei 23,4 Prozent landete, schon zehn Monate zurück. "Wir haben nach der Wahl unsere Fehler analysiert und versucht, neue Wege für die SPD zu entwickeln. Offensichtlich hat das vielen nicht gereicht", sagte er. "Ich übernehme die Verantwortung für die schlechten Wahlergebnisse, kann aber nicht mehr Parteichef und damit Wahlkampfleiter sein", sagte Harder.

Allerdings wolle er weiter neben Bärbel Richter Ratsfraktionsvorsitzender bleiben und Ruhenstroth-Bauer in dieser Position unterstützen. Harder erinnerte an einen Parteitag im Herbst, auf dem ihm unter anderem Ruhenstroth-Bauer Versagen als Wahlkampfleiter vorgeworfen habe. Den Rücktritt habe ihm damals indes niemand nahegelegt.

Ruhenstroth-Bauer sagte gestern auf GA-Nachfrage: "Ich habe damals dargestellt, dass das, was die Agentur für den SPD-Wahlkampf abgeliefert hatte, ein Beispiel dafür ist, wie man es nicht machen sollte." Zur Rücktrittsentscheidung Harders meinte der OB-Kandidat der SPD, "das ist seine individuelle Entscheidung, die ich nicht kommentieren will".

Die Kandidaten-Nominierung sei jedenfalls ein "wunderbarer, demokratischer und öffentlicher Prozess" gewesen, sagte er.

Während Harder nach außen um Sachlichkeit bemüht ist, nimmt Bodo Buhse kein Blatt vor den Mund. Das SPD-Urgestein aus Tannenbusch hat wie Schriftführer Martin Pfafferoth ebenfalls sein Vorstandsamt als Kassierer hingeschmissen.

Aus Solidarität mit seinem jungen Parteifreund. "Es ist hinter den Kulissen seit Monaten Stimmung gegen Ernesto Harder gemacht worden", sagte der 71-Jährige, "von den alten Strippenziehern, die selbst nichts im Wahlkampf gemacht haben. Das habe ich denen auch gesagt."

Mit ihren schlechten Ergebnissen bei den Kommunalwahlen liege die SPD voll im Bundestrend, sagte Buhse, "aber bei der Mitgliederentwicklung stehen wir deutlich besser da als der Landesdurchschnitt". Das hätten Harders Kritiker völlig ausgeblendet.

Auch im Internet in sozialen Netzwerken ergreifen besonders jüngere Genossen Partei für Harder und sehen die SPD mitten im OB-Wahlkampf vor einem Scherbenhaufen.

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