Zauberhafte Fachkonferenz der Anglisten Harry Potter ist in der Bonner Uni angekommen

Bonn · 1997 veröffentlichte Joanne K. Rowling den ersten Roman um Zauberlehrling Harry Potter. 150 Bonner Anglisten widmen dem Jahrestag nun eine Fachkonferenz. Ein Ergebnis: Die Bücher haben Parallelen zu Werken von Charles Dickens oder der Geschwister Brontë.

 Hanne Birk und Marion Gymnich haben mit Studenten die zweitägige Konferenz organisiert.

Hanne Birk und Marion Gymnich haben mit Studenten die zweitägige Konferenz organisiert.

Foto: Martin Wein

„Mr und Mrs Dursley im Ligusterweg Nummer 4 waren stolz darauf, ganz und gar normal zu sein, sehr stolz sogar.“ Als dieser Einstiegssatz am 26. Juni 1997 im Kinderbuch einer britischen Sozialhilfeempfängerin namens Joanne K. Rowling in einer Kleinstauflage von 500 Exemplaren veröffentlicht wurde, ahnten wohl nicht einmal fantasiebegabte Verlagsstrategen seine beispiellose Tragweite.

Nicht nur im Ligusterweg sollte die Normalität alsbald ein Ende finden, als ein alter Mann in purpurroter Robe und eine getigerte Katze den ungeliebten Pflegesohn der Dursleys zum magischen Schulunterricht abholten. Auch die übrige Muggel-Welt stand wenig später Kopf.

Zwei Jahrzehnte später ist der Zauberschüler Harry Potter nicht nur der Star von acht Kinofilmen mit einem Einspielergebnis von 7,7 Milliarden US-Dollar, in mehreren Vergnügungsparks und einem Theaterstück.

Auch das Wort Muggel (magisch unbegabte Menschen) steht längst im Oxford Dictionary. Die siebenteilige, sogar ins Grönländische und Tibetische übersetzte Roman-Serie ist auch Gegenstand von bislang 762 wissenschaftlichen Abhandlungen und seit Dienstagmorgen einer zweitägigen studentischen Fachkonferenz angehender Anglisten im Festsaal der Bonner Universität.

150 Teilnehmer aus Bonn, Köln und Leipzig hatten sich sogar während der Semesterferien schon morgens um neun Uhr eingefunden, um in 20 Präsentationen diverse Aspekte der Potter-Welt zu untersuchen.

Die Studentinnen Miriam Caspers, Franziska Göbel, Sarah Hofmann, Frederike Kelzenberg, Hannah Klein und Jule Lenzen haben die Konferenz-Idee mit ihrer Professorin Marion Gymnich und deren Mitarbeiterinnen Hanne Birk und Denise Burkhard am Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie verwirklicht.

Harry Potter auf dem Lehrplan

„Harry Potter gehört unbedingt an die Uni“, findet Gymnich. Die Bücher ständen in der britischen Roman-Tradition des 19. Jahrhunderts. Viele Parallelen zu Werken von Charles Dickens oder der Geschwister Brontë seien offensichtlich. Auch die kommerzielle Verwertung stört sie nicht. Das werde bei William Shakespeare oder Jane Austen schließlich ähnlich gemacht.

Der persönliche Bezug vieler Studierender und Promovenden zum Thema ist offensichtlich. Frederike Kelzenberg erinnert sich beispielsweise noch genau daran, wie sie bis Mitternacht vor ihrem Buchladen ausharrte, um den fünften Band zu erwerben:

„Den habe ich dann bis zum nächsten Abend in einem Stück gelesen.“ Sarah Hofmann sieht im hohen Identifikationspotenzial der Charaktere den wesentlichen Erfolgsfaktor. Heute sei es dagegen reizvoll, die Bücher jenseits der Geschichte auf ihre vielen Bezüge zu britischen Volksmärchen oder zur antiken Mythologie hin zu betrachten.

Der Einfluss der Romane auf das Lesevermögen und -verhalten von Heranwachsenden sei hingegen überschätzt worden, sagte Gymnich in ihrem Eingangsvortrag. Sie hob dagegen hervor, wie stark aus der Lektüre das Bedürfnis nach eigenem Erleben entstanden sei. So dürfen Besucher der Warner Filmstudios bei London seit Ende März – anders als die Zauberschüler des Internats Hogwarts im Roman – den verbotenen Wald betreten.

Im Bonner Hofgarten wird regelmäßig Muggel-Quidditch geübt; eine Variante für Spieler ohne fliegende Besen. Und wer mag, der probiert sogar ein Butterbier – was laut Gymnich „nicht unbedingt zu empfehlen ist“.

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