Haus der Geschichte für NRW Diese privaten Schätze spenden die Bonner für das neue Museum
Bonn · Das geplante Haus der Geschichte für NRW hat um Exponate gebeten – und die Bonner sind dem Aufruf gefolgt: Vom Straßenschild für einen Bonner Widerstandskämpfer bis zur Haribo-Dose war viel Interessantes dabei.
Noch ist das Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen nicht viel mehr als eine Idee, ein im Entstehen begriffenes Landesmuseum, das in fünf Jahren in der ehemaligen Mannesmann-Zentrale in Düsseldorf realisiert werden soll. Doch große Vorhaben werfen lange Schatten voraus, und so ist bereits jetzt ein Team unterwegs, um für das Haus zu werben – und um die Sammlung aufzubauen, die in Zukunft dort präsentiert werden soll.
Seit dem 6. Oktober stand zu diesem Zweck das „MuseumMobil“ auf dem Bonner Marktplatz. Gleichzeitig hatte das künftige Museum die Bürgerinnen und Bürger der Bundesstadt in Kooperation mit dem Bonner Stadtmuseum am Samstag dazu aufgerufen, potenzielle Exponate in das neue „Studio_bnx“ in der Franziskanerstraße zu bringen. Auch wenn die Aktion nicht ganz so rege angenommen wurde, wie von den Initiatoren erhofft, hatten doch einige Besucherinnen und Besucher ein paar große oder auch kleine Geschichten zu erzählen.
Manches war eher eine Kuriosität, wenn auch historisch durchaus interessant. So hatte Klaus Neubeck ein Kochbuch mitgebracht, das zu einem alten Gasherd der Firma Küppersbusch gehörte. „Meine Eltern hatten sich das Gerät angeschafft, das muss in den 60er Jahren gewesen sein“, erinnert er sich. „Weil es sich um eine nordrhein-westfälische Marke handelt, habe ich gedacht, dass das Kochbuch interessant sein könnte, zumal es noch in einem guten Zustand ist.“
Tatsächlich ist das Museum interessiert. „Wir suchen relativ breit gefächert nach Objekten, die die Entwicklung Nordrhein-Westfalens exemplarisch dokumentieren“, sagte Stefanie Johnen aus. „Wir orientieren uns dabei natürlich am Haus der Geschichte hier in Bonn, können aber noch einmal detaillierter hinschauen. Allerdings muss das nicht heißen, dass wir automatisch alle potenziellen Exponate auch in Empfang nehmen können – wir haben in jeder Stadt, in der wir mit dem ‚MuseumMobil‘ Station machen, einen Kooperationspartner, und das ist in diesem Fall das Stadtmuseum Bonn, das ja auch gerade vor einer Neukonzeptionierung steht und bei dem ein oder anderen Objekt möglicherweise selber Ansprüche anmelden wird.“
Ein alter Porzellanteller vom Hotel Petersberg
Bei dem Küppersbusch-Kochbuch ist das nicht der Fall, wohl aber bei den Objekten, die Ursula Müller in die Sammelstelle bringt. Ein alter Porzellanteller vom Hotel Petersberg geht am Ende in die Bonner Sammlung, eine schöne Haribo-Dose aus den 50er Jahren, die früher Salmiak-Pastillen enthielt, geht an das NRW-Museum. „Als Kinder haben wir diese Süßigkeiten geliebt“, erzählte Müller. „Weil die dreieckigen Pastillen aber so klein waren, haben wir sie immer in Sternform auf unsere Hand geklebt und dann abgeleckt. Ich glaube, das haben damals alle so gemacht. Ich kann mich auf jeden Fall noch gut daran erinnern. Später habe ich in dieser Dose mein Nähzeug aufbewahrt, aber als ich von dieser Aktion hörte, dachte ich, da könnte ich sie mal hinbringen, bevor am Ende meine Kinder sie irgendwann entsorgen.“
Derweil kam Josef Roth mit seinem Großvater unterm Arm durch die Tür. Gut, eigentlich handelt es sich um ein Straßenschild, ein altes mit weißer Schrift auf dunkelblauem Grund, das auf die Joseph-Roth-Straße in Friesdorf verweist, aber die vollmundige Ankündigung „Das ist mein Opa“ sorgte sogleich für Aufmerksamkeit. Und tatsächlich ist die Geschichte des entschiedenen Nazi-Gegners und Vorsitzenden der Bad Godesberger Zentrumspartei es wert, erzählt zu werden.
Von NSDAP-Politiker Heinrich Alef einen Tag vor dessen Wahl zum Bürgermeister von Bad Godesberg zwangsbeurlaubt und schließlich zwangsversetzt, dann nach dem Attentat auf Hitler im Rahmen der Aktion Gewitter verhaftet und zunächst zusammen mit Konrad Adenauer und anderen Vertretern demokratischer Parteien in das Arbeitserziehungslager in den Messehallen in Köln-Deutz und von dort weiter ins Konzentrationslager Buchenwald geschickt, entfaltet sich das Schicksal eines Mannes, der sich nicht unterkriegen ließ. Bis er nicht mehr konnte.
Tod nach Entlassung aus dem KZ Buchenwald
„Als mein Opa nach zwei Monaten Haft im KZ wieder nach Friesdorf zurückkehrte, war er von 120 Kilo auf 48 Kilo abgemagert“, erzählte sein Enkel Josef Roth. „Außerdem hat ihm ein Arzt noch unmittelbar vor der Entlassung eine Giftspritze injiziert. Daran ist er schließlich gestorben.“ Nun versucht Roth, die Geschichte seines Großvaters zu bewahren und nutzte den „Sammelsamstag“, um das Straßenschild und diverse Bilder zur Verfügung zu stellen. „Das Stadtmuseum hat bereits einige Objekte, von denen eines auch tatsächlich in der Dauerausstellung zu sehen sind, aber derzeit ist der Platz eben beschränkt“, saget er. „Ich habe die Hoffnung, dass nach dem angedachten Umzug die Geschichte Bad Godesbergs und die meines Opas etwas mehr im Fokus stehen wird.“