Urteil vor dem Bonner Landgericht Ein Kilo Heroin auf dem Dachboden gebunkert

Bonn · Das Bonner Landgericht verurteilt einen 58-jährigen Drogendealer zu knapp sieben Jahren Haft. Er hatte Süchtige nahe einer Bonner Substitutionspraxis mit Rauschgift versorgt.

 Vor dem Bonner Landgericht wurde am Mittwoch ein 58-Jähriger wegen Drogenhandels verurteilt. Der Mann war einschlägig vorbestraft.

Vor dem Bonner Landgericht wurde am Mittwoch ein 58-Jähriger wegen Drogenhandels verurteilt. Der Mann war einschlägig vorbestraft.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Graue Haare, Pferdeschwanz, Hippievergangenheit: Dem Mann auf der Anklagebank ist erkennbar keine Niederlage fremd. Mit sechs Jahren musste er bereits die erste erleben, als seine behütete Kindheit drastisch endete: Seine Eltern hatten ihn an die Großeltern abgegeben, weil die kleine Schwester von Geburt an ein Pflegefall war und sie sich nicht mehr um ihn kümmern konnten. Das war wie „aus dem Paradies gefallen“, hatte es der heute 58-Jährige in seinem Bonner Drogenprozess beschrieben. Denn das neue Zuhause, das ihn erwartete, war kalt und abweisend – und der Absturz für das Kind groß. So wurde er als unerziehbar in Kinderheimen durchgereicht, bis er auf der Straße landete und einer Hippie-Kommune mit selbstgebastelten Hütten eine Bleibe fand, wo er früh an die Nadel und mit 14 Jahren erstmals in Jugendhaft kam. „Drogenkonsum und Straftaten umfassen seitdem seine gesamte Biografie“, hieß es am Mittwoch im vorerst letzten Urteil vor dem Bonner Landgericht.

Noch nicht alle Haftstrafen abgesessen

Die Richter der 10. Großen Strafkammer haben den notorischen Drogendealer – der noch nicht alle alten Haftstrafen abgesessen hat – gestern erneut ins Gefängnis geschickt: Sechs Jahre und acht Monate Haft wegen Drogenhandels und Drogenbesitzes. Darüber hinaus wurde seine Unterbringung in eine Entzugsklinik angeordnet. Insgesamt hatte der gelernte Schweißer innerhalb weniger Monate mit über zwei Kilo Heroin und 300 Gramm Kokain gedealt. Eine Russen-Mafia, deren Mitglieder er nicht nannte, hatte ihm das Angebot gemacht: Die erste Charge umfasste ein Kilo Heroin und 100 Gramm Kokain im Wert von rund 14 000 Euro: Davon musste er zwei Drittel für die Lieferanten verkaufen, den Rest konnte er selber veräußern – oder für sich konsumieren. Da er jedoch säumig wurde, bekam er mit der Organisation bald Stress, die ihm unverhohlen drohte: „Du willst doch nicht im Kofferraum landen?!“ 

Angeklagter zeigt sich geständig

In den Fokus der Fahnder kam der 58-Jährige, weil er mit seinem Mercedes regelmäßig in der Nähe einer Bonner Substitutionspraxis stand und den Stoff an Junkies verkaufte. Anfang November wurde seine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus durchsucht: Zunächst war die Ausbeute mit 134 Cannabis auf dem Wohnzimmertisch nicht groß, auch im Auto fand man nur kleine Mengen. Den „dicken Fisch“ – ein Kilo Heroin – fanden sie auf dem Dachboden, gut versteckt zwischen verstaubten Kisten und altem Gerümpel: Das alleine seien 26 980 Konsumeinheiten à 20 Euro, rechnete ihm die Kammervorsitzende vor. Weil sich der Angeklagte reuig und umfassend geständig zeigte, fiel die Strafe angesichts seiner Strafakte und fünf laufenden Bewährungen noch milde aus.

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