Kampagne gegen sexuelle Belästigung Die Frage „Ist Luisa hier?“ soll Frauen aus unangenehmen Situationen helfen

Bonn · Seit 2018 gibt es in Bonn „Luisa ist hier!“, ein Hilfsangebot für Frauen, die belästigt werden. Wie funktioniert die Kampagne und welche Erfahrungen hat Bla-Betreiberin Valeska Kröll mit ihr gemacht?

 Valeska Kröll, Besitzerin des Bla in Bonn, unterstützt die Kampagne „Luisa ist hier!“ schon seit einigen Jahren.

Valeska Kröll, Besitzerin des Bla in Bonn, unterstützt die Kampagne „Luisa ist hier!“ schon seit einigen Jahren.

Foto: Benjamin Westhoff

Unangenehme Situationen oder Belästigung beim Weggehen sind für viele Frauen keine Seltenheit, berichtet Valeska Kröll (42), Betreiberin des Bla in Bonn. Sie möchte, dass sich in ihrem Laden an der Bornheimer Straße alle wohlfühlen und, dass aufeinander geachtet wird. Deshalb unterstützte sie die Kampagne „Luisa ist hier!“, die es seit 2018 in Bonn gibt, bereits von Anfang an. Die Idee ist: Wenn sich eine Frau unwohl fühlt, kann sie mit der Frage „Ist Luisa hier?“ beim Personal darauf aufmerksam machen – und erhält Hilfe.

Das Projekt entstand in Münster und ist mittlerweile bundesweit bekannt. In Bonn wurde die Kampagne vom Arbeitskreis Opferschutz der Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt realisiert. Die Geschäftsführerin der Beratungsstelle, Conny Schulte (59), und ihre Kollegin Katja Schülke sind hauptverantwortlich für das Projekt.

Schulte arbeitet seit 30 Jahren in der Beratungsstelle und erinnert sich: „Wir haben vor knapp fünf damit begonnen, Kneipen und Gaststätten zu Informationsveranstaltungen einzuladen.“ Anschließend hätten sie das Personal der Restaurants oder Bars für den Ernstfall geschult.

Ist Luisa hier?

Die 59-Jährige erklärt, wie gehandelt werden sollte, wenn eine Frau nach Luisa fragt: „Im Bestfall wird die betroffene Person dann unauffällig hinter die Theke gebeten oder in einen sicheren Raum gebracht.“ Dann solle mit ihr geklärt werden, was sie braucht: ob sie eine Freundin kontaktieren, durch den Hinterausgang gehen, oder die Polizei rufen möchte. Es gehe ausschließlich um die Bedürfnisse der Frau und darum, ihr ein sicheres Gefühl zu geben. „Allerdings sagen wir Veranstaltern, bei körperlichen Übergriffen sollen sie immer die Polizei alarmieren und bei KO-Tropfen zudem einen Krankenwagen rufen.“

Eine Bedingung, um bei der Kampagne mitmachen zu können, ist, Plakate, Infomaterial und Kontaktadressen von „Luisa ist hier!“ im Lokal auszulegen. „Wenn ich einen Luisa-Sticker im Bad einer Kneipe sehe, da fühle ich mich direkt sicherer“, sagt Lena (24), die in Bonn lebt und nicht mit vollem Namen genannt werden möchte. „Mir selbst ist es noch nicht passiert, dass ich Luisa brauchte, aber es gibt mir ein gutes Gefühl, wenn ich weiß, dass eine Bar bei der Kampagne mitmacht“, sagt die 24-Jährige.

Erfahrungen mit dem Hilfsangebot

Obwohl Valeska Kröll seit vielen Jahren die Kampagne unterstützt, habe sie es noch nicht erlebt, dass eine Frau sich mit dem Codewort „Luisa“ an sie gewandt habe. „Wenn ich das Gefühl habe, ich beobachte eine komische Situation, dann schreite ich sowieso direkt ein“, sagt die Betreiberin. Das Bla sei schon immer ein Ort, an dem Personal und Stammgästen darauf schauten, dass die Grenzen aller geachtet würden.

Die 42-Jährige findet die Idee dennoch nach wie vor gut und möchte sich für andere Frauen starkmachen. „Ich selbst habe gelernt, mich durchzusetzen und mich gegen unangenehme Sprüche oder Verhalten zu behaupten.“ Da sie seit 22 Jahren in der Gastronomie arbeite, sei dies eine wichtige Eigenschaft. Doch insbesondere für jüngere und unsichere Frauen oder Mädchen sei es der Wirtin wichtig, Hilfsangebote zu stellen.

„Ich habe die Luisa-Sticker damals auch auf die Männer-Toiletten geklebt. Zum einen, um auf das Thema aufmerksam zu machen, zum anderen, weil auch Männer das Gefühl haben sollen, sie können sich jederzeit an uns wenden“, sagt Valeska Kröll.

Frauen sind häufiger Opfer

Zwar können auch Männer belästigt werden, doch zeigt die Polizeistatistik eindeutig, dass größtenteils Frauen betroffen sind. Simon Rott aus der Pressestelle der Bonner Polizei gibt an: „Von den im Jahr 2021 erfassten 452 Opfern von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Zuständigkeitsbereich der Bonner Polizei waren 56 männlich und 396 (87,6 %) weiblich.“ In diesen Bereich fallen verschiedene Straftaten – unter anderem sexuelle Belästigung, sexuelle Nötigung und sexueller Missbrauch.

Die Ergebnisse der Statistik kann Kröll durch jahrelanges Arbeiten hinter der Theke bestätigen: „Meistens sind es Männer, die Frauen zu nah kommen.“ Doch habe die 42-Jährige den Eindruck, dass in den vergangenen Jahren unangenehme Situationen und Sprüche weniger geworden seien. „Ich denke, das liegt daran, dass die Themen Belästigung und übergriffiges Verhalten heute mehr besprochen werden als früher“, so die erfahrene Wirtin. Sie wünsche sich, dass noch mehr Gaststätten bei „Luisa ist hier!“ mitmachen. „Denn unter anderem solche Kampagnen, wie die aus Münster, tragen dazu bei, dass sich etwas verändert“, findet Kröll.

Die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Bonn lädt Gastronomen ein, sich der Kampagne anzuschließen und damit Stellung zu beziehen. Auch wenn das Angebot dann nicht oder selten genutzt werde, meint Conny Schulte: „Es ist umso besser, wenn die Möglichkeit besteht und sich keine Frau meldet.“

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