Ludwig C. Marquart So lebte ein Bonner Unternehmer im 19. Jahrhundert

Bonn · Der Chemiker Georg Schwedt porträtiert in seinem neu veröffentlichten Buch den Apotheker und Fabrikinhaber Ludwig Clamor Marquart - einem der namhaften Bonner Unternehmer des 19. Jahrhunderts.

 Ludwig Clamor Marquart in seinen letzten Jahren. Er starb 1881.

Ludwig Clamor Marquart in seinen letzten Jahren. Er starb 1881.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

In der Industriegeschichte hat es schon immer Einzelkämpfer gegeben, die auf schmerzliche berufliche Niederlagen hin den Mut fassten, selbst eine Fabrik zu gründen. Der studierte Apotheker Ludwig Clamor Marquart (1804-1881) aus Osnabrück, der nach dem ersten Examen 1829 in Bonn Fuß zu fassen versuchte, kann dazugezählt werden.

Georg Schwedt, ein emeritierter Hochschullehrer für Analytische Chemie und bekannter Sachbuchautor, hat nun anhand des Lebenslaufs dieses tatkräftigen Pharmazeuten eine kleine Bonner Wissenschafts- und Industriegeschichte des 19. Jahrhunderts verfasst. Und darin lässt Schwedt den ehrgeizigen Marquart im Oktober 1829 in der damaligen kurfürstlichen Apotheke in der Wesselgasse beim dortigen Chefpharmazeuten Johann Heinrich Jacob Blindt starten.

Die Bezahlung sei nicht üppig gewesen, der junge Mann habe aber die Zeit genutzt, um sich auch eifrig auf die staatliche Prüfung zum Ersten Apotheker vorzubereiten, die er mit Auszeichnung bestand, berichtet Schwedt anhand von historischen Quellen und mit vielen Bildern. Und trotzdem seien Marquart nur bedingt weitere Karriereschritte gelungen.

Zwar habe er sich die Anerkennung und Förderung durch den Bonner Pharmazieprofessor und Direktor des Botanischen Gartens, Theodor Friedrich Ludwig Nees, sichern können und habe mit ihm zusammen wissenschaftlich veröffentlicht. Marquart sei zudem 1835 eine ausgezeichnete Dissertation über „Die Farben der Blüten“ gelungen. Er baute sogar ein eigenes kleines pharmazeutisches Institut in Bonn auf, wo er Studenten ausbildete. Aber seine Versuche, eine Anstellung im Universitätsbetrieb zu erlangen, seien mehrfach gescheitert.

Probleme mit der eigenen Apotheke

Ebenso misslang sein Anlauf, nach vielen Jahren in der Wenzelgasse die Konzession für eine eigene Apotheke in Beuel zu erlangen, schildert der Buchautor. Was tun, wenn man sich dann als 38-Jähriger in die Tochter eines Bonner Justizrats verliebt hatte und mit ihr eine Familie gründen wollte?

Ludwig Clamor Marquart um 1846.

Ludwig Clamor Marquart um 1846.

Foto: Kid Verlag

Marquart zog die Risikokarte. Er erwarb 1847 mit der finanziellen Hilfe seines künftigen Schwiegervaters ein noch frei von Wohnbebauung liegendes Grundstück an den Feldern Kessenichs und legte dort den Grundstein für sein Unternehmen.

Fortan wurden am heutigen Bonner Talweg Feinchemikalien, Reagenzien, Säuren und pharmazeutische Präparate hergestellt, anfangs vom Chef selbst und einem einzigen Lehrling, 1949 waren dann schon 19 Arbeiter beschäftigt, 1873 waren es rund 70.

Der neue Fabrikbesitzer wagte sich sogar, erstmals in Deutschland Chloroform und Schwefelkohlenstoff in seinen Hallen zu produzieren, das alles übrigens nicht immer zur Freude der neuen Nachbarschaft. Das Gelände war nämlich langsam immer weiter mit Wohnhäusern bebaut worden. Der mutige Fabrikant schrieb aber trotzdem ein wichtiges Kapitel in der Bonner Industriegeschichte.

Grab auf dem Alten Friedhof

Er liegt auf dem Alten Friedhof begraben. Die Tradition von Marquarts Unternehmen wird übrigens lokal bis in die Gegenwart fortgesetzt, berichtet der Buchautor. Chemikalien und Laborgeräte werden heute von den Firmen Evonik in Beuel und C. Gerhardt in Königswinter produziert. Carl Heinrich Gerhardt, der Gründer der heute von den Nachfahren des Malers August Macke geleiteten Firma, hatte noch bei Marquart selbst gelernt: Er war einer seiner Lehrlinge.

Im Handel erhältlich: Georg Schwedt: Der Bonner Apotheker Marquart und die Farben der Blüten, Kid Verlag 2022, 24,80 Euro

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