HisTOURical Historiker führen in Kostümen durch die Stadt
BONN · Viktoria ist echauffiert und ein wenig ungehalten obendrein. Es ist viel zu heiß, aber weit und breit ist kein Sklave zur Stelle. Dabei stehen derzeit 15 in ihrem Dienst. "Und ein Pädagoge aus Griechenland", darauf legt sie besonderen Wert. "Denn für die Bildung der Kinder ist mir nichts zu teuer."
Doch jetzt steht die Römerin von hohem Stand auf dem Münsterplatz und schwitzt. "Kein Sklave, der mir ein bisschen Schatten spenden kann. Da muss ich heute Abend wohl wieder Bleiweiß auftragen, damit mein Teint schön hell bleibt."
Diese Sorgen müsste man haben, denkt sich Meister Kristan, der nur einen Steinwurf von ihr entfernt am Pranger wartet. Der Täschner aus dem späten 13. Jahrhundert, der gerade seinen Wehrdienst leistet, patrouilliert in voller Montur: Über dem wattierten Wams und einem Überwurf aus dickem Stoff trägt er ein Kettenhemd, die Schienbeine sind mit Metallmanschetten geschützt, ein eiserner Helm, Schild, Schwert und Messer runden seine Uniform ab.
Rund 20 bis 25 Kilogramm wiegt das Kostüm. Viktoria (Anne Mai) und Meister Kristan (Christian Peitz) gehören zum Team von "HisTOURical Bonn". Die Gruppe aus Historikern, Kunsthistorikern, Archäologen, Kulturwissenschaftlern und Museumspädagogen hat sich vor gut einem halben Jahr gegründet und bietet Stadtführungen durch Bonn an. Allerdings stehen nicht allein die Geschichte, kleine Anekdoten und die Berühmtheiten aus längst vergangener Zeit im Mittelpunkt. "Alle unsere Stadttouren finden in historisch korrekten Kostümen statt", sagt Uschi Baetz von "HisTOURical".
Bevor sich Beate Marks-Hanßen, die sich in Elisabeth, Ehefrau von August Macke, verwandelt, an die Nähmaschine setzt, werden Bücher gewälzt, Gemälde analysiert und Informationen über Garne, Stoffe und Webarten der verschiedenen Jahrhunderte studiert. Zwar ist die feine Robe der adeligen Gerlind von Stolzenburg (Sabine Peitz) genau so, wie sie im Mittelalter "en vogue" war.
Bis die kleine Borde, die das Überkleid ziert, allerdings entstanden war, musste viel gebastelt und ausprobiert werden. Denn diese wurde im 13. und 14. Jahrhundert in einem besonderen Webverfahren hergestellt. "Dafür haben wir lange getüftelt", lenkt die hochwohlgeborene Gerlind den Blick auf das Muster. Das Gebände, jener Kopfschmuck der Frauen aus gutem Haus, war hingegen schnell genäht.
Pomp und Prunk gehören für Kurfürst Clemens August (Sebastian Schaaps) ganz selbstverständlich zum Alltag. Deshalb trägt er bei seinen Führungen auch ein ganz besonders aufwendig verziertes Kostüm. Rund 50 Stunden saß Beate Marks-Hanßen dafür an der Nähmaschine, bis alle Zierborden angebracht, Knopflöcher gesteppt und Spitzen an Manschetten und Kragen angenäht waren. "Ich bitte Sie, wer sieben Schlösser hat, der muss sich schon so kleiden", erklärt er und blickt versonnen auf sein Stadtschloss.
Bäckermeister Fischer (Dieter Oliver Bongartz) hat für heute schon genug gebacken. "Soll ich euch zeigen, wo Beethoven wirklich gewohnt hat?", fragt er und ergänzt: "Nicht in der Bonngasse, wo alle Touristen hinlaufen. Ich zeige euch, wo er tatsächlich aufgewachsen ist", marschiert er los in Richtung Rhein.
Ob eine Führung zur Zeit der Kelten, Römer, Rokoko, Renaissance, Empire oder zum 19. und 20. Jahrhundert: Das Team von "HisTOURical" verfügt über 25 verschiedene Kostüme, die alle exakt im Stil ihrer Zeit geschneidert wurden.
Eine Übersicht über das Programm gibt es auf www.histourical-bonn.de.
