Schutz vor Hochwasser Was passiert bei welchem Rheinpegel in Bonn?

Bonn · Bei sintflutartigen Regenfällen oder Schneeschmelze steigt das Wasser im Rhein rapide. Überflutungen können für verheerende Schäden sorgen. Wir erklären, ab welchem Pegelstand es in Bonn kritisch wird und was dann zu tun ist.

 Wenn der Rheinpegel stark steigt, tritt das Wasser an der Beueler Rheinpromenade über die Ufer. (Archivfoto)

Wenn der Rheinpegel stark steigt, tritt das Wasser an der Beueler Rheinpromenade über die Ufer. (Archivfoto)

Foto: Benjamin Westhoff

Langanhaltende Niederschläge, Starkregen oder Schneeschmelze lassen den Pegel im Rhein und in den Bonner Bächen steigen. Im Extremfall kann Wasser über das Ufer treten und zur Gefahr für Anwohner werden. Zuletzt überschritten die Hochwasser von 1993 und 1995 den Bonner Pegel von 10 Metern. Doch bereits ab fünf Metern spricht man laut Hochwasser-Alarmplan von einem „kleinen Hochwasser“, ab sechs Metern gilt die „Hochwassermarke I“ – schon dann kann es im Bonner Raum kritisch werden.

Gefährdete Bereiche in Bonn

Der Stadtbezirk Beuel ist der vom Rhein-Hochwasser am meisten betroffene Stadtteil. Die Beueler Uferpromenade wird ab einem Pegelstand von sieben Metern überflutet. Der Höchstwasserstand in Beuel wurde 1993 mit 10,13 Metern gemessen.

Im Stadtbezirk Bonn ist das Rathenauufer zwischen Erster und Zweiter Fährgasse als erstes betroffen. Dort wird es für Uferpromenade und Fahrbahn ab sieben Metern kritisch. Die Uferpromenade am Alten Zoll wird ab einem Pegelstand von 7,50 Meter (die Uferstraße ab 8 Meter) überschwemmt. Bei Hochwasser ist ebenfalls der Ortsteil Graurheindorf besonders betroffen. Ab einem Pegel von circa 8,70 Meter überschwemmt das Wasser die Estermannstraße vom Rheindorfer Bach her.

Im Ortsteil Mehlem im Stadtbezirk Bad Godesberg wird es bei einem Pegelstand von etwa 8,90 Meter kritisch. Dann läuft das Wasser in die Rüdigerstraße in Höhe Am Glückshaus.

Bei Hochwasser können die Radwege in Bonn teilweise überflutet werden. Linksrheinisch sind die Radwege ab einem Pegelstand von 6,50 Metern komplett unter Wasser. Rechtsrheinisch geschieht dies bei einem Pegelstand von 7,50 Metern. Umleitungen werden im Stadtgebiet über ausgeschilderte Radrouten zur Verfügung gestellt. Die Umleitung führt vom Rhein weg auf eine Radroute, die parallel zur Route am Rhein entlang führt und bis zur südlichen Stadtgrenze führt.

Für alle Risikogewässer werden Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten erstellt, die beispielsweise über den Stadtplan der Bundesstadt Bonn abgerufen werden können. Hier werden betroffene Gebiete im Stadtgebiet für verschiedene Hochwasserszenarien markiert: ein häufiges Hochwasser (10-20-jährlich), ein mittleres (100-jährlich) und ein extremes (seltener als 100-jährlich) Hochwasser. Die Karten stellen zusätzlich zum Ausmaß der Überflutung die entsprechenden Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten dar.

Was passiert bei welchem Pegelstand?

Folgende Pegelstände – bezogen auf den Pegel in Bonn – sind laut Hochwasser-Alarmplan für die Stadt Bonn und das Wasser- und Schifffahrtsamt wichtige Gradmesser:

  • 5 Meter: „Kleines Hochwasser“
  • 6 Meter: Hochwassermarke I – Schiffe dürfen nur noch langsam und in der Mitte des Stromes fahren.
  • 6,50 - 6,60 Meter: Die Fähre Graurheindorf-Mondorf stellt ihren Betrieb ein.
  • 7 Meter: In Beuel werden Zufahrtsstraßen zum Rhein gesperrt. Die Bevölkerung wird durch Lautsprecherdurchsagen informiert, falls der Pegel laut Prognose auf 9,50 Meter steigen soll.
  • 7,15 Meter: Die Haltestellen Bad Godesberg Fähre und Bad Godesberg Rheinufer entfallen.
  • 7,20 Meter: In Bonn werden die Zufahrtsstraßen zum Rhein vom Legionsweg bis zur Schaumburg-Lippe-Straße gesperrt.
  • 7,40 Meter: „Mittleres Hochwasser“ – Die Feuerwehr richtet einen Einsatzstab ein. Die Stadtbahnlinie 66 im Bereich Königswinter Höhe Sealife-Center wird überflutet. Die Haltestelle wird dann nicht mehr angefahren.
  • 7,50 Meter: Die Technische Einsatzleitung Beuel wird eingerichtet und erste Sandsackwälle gebaut. Wertstoffcontainer werden verlegt.
  • 7,60 Meter: Der Fährbetrieb Mehlem-Königswinter wird eingestellt.
  • 7,90 Meter: Der Fährbetrieb Dollendorf-Bad Godesberg wird eingestellt.
  • 8 Meter: Hochwassermarke II – Der Schiffsverkehr wird eingestellt. Bei etwas über acht Metern tritt der Rhein in Beuel über die Ufer. Nördlich der Kennedybrücke bleibt die Rheinaustraße durch den Damm an der Wolfsgasse bis zu einem Stand von 9,50 Meter vom Hochwasser verschont. In Bonn wird die Charles-de-Gaulle-Straße stromabwärts bis Hermann-Ehlers-Straße gesperrt.
  • 8,20 Meter: „Großes Hochwasser“ – In Bad Godesberg und Bonn werden Technische Einsatzleitungen eingerichtet. In der Rheinstraße werden Stege gebaut.
  • 8,50 Meter: In Graurheindorf wird eine Einsatzleitung eingerichtet. Wasser läuft in die Mertensgasse. In der Bonner Innenstadt wird die Uferpromenade am Alten Zoll überschwemmt.
  • 8,60 Meter: Im Ortsteil Mehlem wird es kritisch. Dann läuft das Wasser in die Rüdigerstraße in Höhe Am Glückshaus.
  • 9,50 Meter: In Mondorf wird die Rheinallee überflutet, die Keller laufen voll. Etwa 100 Anwohner sind betroffen. Zudem versagt der neue Hochwasserschutz in Beuel. Zuerst überschwemmt werden die Rheinaustraße südlich der Kennedybrücke sowie die Steinerstraße und die Johannesstraße. Stegebau ist nötig.

Hochwasserrisiko in Bonner Bächen und Bach-Systemen

Doch nicht nur der Rhein ist von den heftigen Starkregenereignissen betroffen. Die Bezirksregierung Köln hat ein Überschwemmungsgebiet für ein 100-jährliches Hochwasser für Bonner Bäche und Bach-Systeme festgesetzt. Die Überschwemmungsgebietausweisung erfolgte für Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren (HQ100) zu erwarten ist. Insbesondere am Mehlemer Bach und am Godesberger Bach kann es bei starken Regenfällen zu Überflutungen kommen. Auch das Hardtbach-System und das Katzenlochbachtal werden als Gebiete mit Hochwasserrisiko eingestuft.

Das Tiefbauamt der Stadt Bonn hat ein automatisches Warnsystem eingeführt, das permanent die Bachpegel überwacht und im Extremfall Meldungen an die Einsatzleitstelle der Feuerwehr sowie bei den Rufbereitschaften des Bonner Tiefbauamtes absetzt. Naht eine Sturzflut, dann löst die Feuerwehr den Sirenenalarm aus, stellt die Information in die Warn-App Nina und veranlasst Durchsagen in den lokalen Radiosendern.

Wenn der Pegel steigt – Stadt Bonn empfiehlt Schutzmaßnahmen

Wenn das Wasser steigt, sollten Anwohner in gefährdeten Gebieten Vorkehrungen treffen, um größere Schäden zu verhindert. Die Stadt Bonn empfiehlt:

  • Räumung von Kellern, Garagen und anderen, von Hochwasser betroffene Teile des Gebäudes
  • Fahrzeuge aus der Garage, vom Gehweg oder von der Straße entfernen und Fahrzeug an sicheren Stellen außerhalb des Hochwasserbereiches parken
  • Bereitstellung von Müllgefäßen und Sperrmüll für die Sonderabfuhr – rechtzeitig vor Eintreffen der Flutwelle werden alle Müllgefäße durch Sonderabfuhren entleert
  • Überprüfung der Hausentwässerungsanlage und Rückstauklappen im Keller
  • Schutz von Heizungsanlagen

Die höchsten Pegelstände in Bonn

Das Hochwasser an Weihnachten 1993 ist noch vielen Bonnern und vor allem Beuelern in Erinnerung. Am 23. Dezember erreichte der Rheinpegel den Scheitelpunkt, am Ende wurden über zehn Meter gemessen. Die Menschen gerade am Beueler Rheinufer mussten teilweise mit Booten aus ihren Häusern flüchten. Das „Jahrhunderthochwasser“ von 1993 war der zweithöchste Pegel, der jemals in Bonn gemessen wurde. Das sind die höchsten Pegelstände:

  1. 28.11.1882: 10,20 Meter
  2. 23.12.1993: 10,13 Meter
  3. 1.01.1926: 10,10 Meter
  4. 30.01.1995: 10,06 Meter
  5. 16.01.1920: 9,98 Meter
  6. 01.01.1883: 9,55 Meter
  7. 24.02.1970: 9,50 Meter
  8. 29.05.1983: 9,45 Meter
  9. 29.03.1988: 9,43 Meter
  10. 19.01.1955: 9,35 Meter

Wenn das Wasser zurückgeht

Sobald das Hochwasser zurückgegangen ist, sollten Keller und sonstige Räume zügig ausgepumpt werden. Sonst steigt die Gefahr für Schimmelbildung und Feuchtigkeit kann tiefer in Boden und Mauerwerk eindringen. Die Feuerwehr in Bonn stellt während der Hochwasser-Phase grundsätzlich keine Pumpen zur Verfügung, um eindringendes Wasser abzulassen. Erst wenn das Wasser zurückgegangen ist, besteht in Extremfällen die Möglichkeit, Hilfe durch die Feuerwehr zu erhalten. Grundsätzlich warnt die Feuerwehr vor einem frühzeitigen Abpumpen. Unterschiedliche Druckverhältnisse unter den Kellerböden und an den Kelleraußenwänden können zu Gebäudeschäden führen.

Das Grundwasser kann bei höheren Wasserständen auch Gebäude gefährden, die in weiter vom Rhein entfernten Gegenden stehen. Deshalb sollten Keller und andere Räume regelmäßig kontrolliert und entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

(ga)
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