Zwischen Gefängnis, Konzerten und Demonstrationen Elf erstaunliche Fakten über den Bonner Hofgarten
Bonn · Der Hofgarten ist unter Studenten aus Bonn einer der beliebtesten Treffpunkte in der Stadt. Doch das war nicht immer so. Früher diente die Fläche als Acker für Kartoffeln, im Zweiten Weltkrieg war sie ein Lager für heimkehrende Kriegsgefangene. Elf erstaunliche Fakten zum Bonner Hofgarten.
Jeder Bonner kennt ihn - den Hofgarten. Der Park, der heute vor allem bei Studenten als beliebte Erholungsfläche gilt, prägt seit dem 18. Jahrhundert das Bonner Stadtbild. Über die Jahre hat sich der Hofgarten, dessen Schicksal in den letzten beiden Jahrhunderten immer eng mit der direkt angrenzenden Universität verwoben war, zu einem Stück Zeitgeschichte entwickelt, und als eines der Wahrzeichen von Bonn internationale Bekanntheit erlangt.
Dabei war der Hofgarten nicht immer die grüne Parkanlage mit Wiese, die wir heute kennen. Einst beherbergte der Hofgarten einen barocken Ziergarten, eine Zeit lang wurde er zum Kartoffelacker umfunktioniert oder diente im Zweiten Weltkrieg gar als Lager für heimkehrende Kriegsgefangene. Eine Sache ist jedoch gleich geblieben: Schon immer diskutierten die Bonnerinnen und Bonner über die Nutzung des Hofgartens. Wir haben elf wissenswerte Fakten über den Hofgarten zusammengestellt.
1. Vom barocken Ziergarten zur Wiese
Umschlossen von den beiden Alleen besteht der Hofgarten heute vor allem aus Wiese. Das war nicht immer so: Als private Gartenanlage der Kölner Kurfürsten zu Beginn des 18. Jahrhunderts geplant, war der Hofgarten zunächst ein barocker Ziergarten. Architekt des Ziergartens war der Bonner Hofgärtner Johann Cunibert Lenné, der Großvater des berühmten Bonner Gartenkünstlers Peter Joseph Lenné. Der barocke Ziergarten stellte sich jedoch als pflegeintensiv heraus, weshalb er schließlich unter Kurfürst Maximilian Friedrich Graf von Königsegg-Rothenfels aus Kostengründen entfernt und durch einfache Rasenfläche ersetzt wurde.
2. Der Hofgarten ist so groß wie 10 Fußballfelder
Das gesamte Hofgarten-Areal, das heißt die Wiese, das akademische Kunstmuseum und die umliegenden Alleen haben eine Größe von siebeneinhalb Hektar. Zum Vergleich: In der Lieblingsmaßeinheit der Deutschen, dem Fußballfeld, entspricht das Hofgartenareal 10 Fußballfeldern. Der Hofgarten ist damit eine der größten Parkanlagen Bonns, liegt jedoch weit abgeschlagen hinter dem Freizeitpark Rheinaue, der mit 16 Hektar fast so groß ist wie die gesamte Bonner Innenstadt.
3. Kartoffelernte auf der Hofgartenwiese
Während des Zweiten Weltkriegs blieb auch der Hofgarten nicht von Fliegerangriffen verschont, worunter vor allem der Baumbestand litt. Die wirtschaftliche Not war währenddessen so groß, dass die Nationalsozialisten den Hofgarten als Kartoffelacker nutzen ließen. Nahrungsmittel wurden dringend benötigt, und die Nationalsozialisten sahen in dem Kartoffelacker auf dem Hofgarten eine Optimierung der „Volksernährung“.
4. Ein Stück Zeitgeschichte
Für die meisten mag der Hofgarten ein Park und ein Ort zur Erholung sein. Doch die Grünfläche in der Bonner Innenstadt ist ohne Zweifel ein Stück Zeitgeschichte. Vor allem als Schauplatz zahlreicher Großdemonstrationen erlangte der Hofgarten immer wieder internationale Aufmerksamkeit.
Hunderttausende demonstrierten hier 1981 und 1983 bei Friedensdemonstrationen gegen den NATO-Doppelbeschluss. Die Veranstaltungen zählen bis heute zu den größten Demonstrationen der Bundesrepublik. Politiker, Schriftsteller oder Aktivisten wie Willy Brandt, Heinrich Böll und Petra Kelly sprachen zu den Demonstranten auf dem Hofgarten.
Auch heute bleibt der Hofgarten ein Ort für Demonstrationen. Die Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future versammelt sich regelmäßig zum globalen Klimastreik auf dem Bonner Hofgarten. Anfang 2022 solidarisierten sich hier außerdem Bonner Studenten mit der von Russland angegriffenen Ukraine.
5. Schon immer ein heißes Thema: Bebauung
Aktuell sorgt die Bonner Universitätsverwaltung für Schlagzeilen im Zusammenhang mit dem Hofgarten. Weil das Kurfürstliche Schloss, das Hauptgebäude der Universität, langfristig renoviert werden muss, sucht man nach Ausweichmöglichkeiten. Jetzt gab es aber Entwarnung: Die Hofgartenwiese soll nicht bebaut werden, dafür aber Teile des Stadtgartens und der Fläche direkt vor dem Kurfürstlichen Schloss.
Dabei ist die Debatte um die Bebauung des Hofgartens eigentlich gar nichts Neues: Nach der Gründung der Universität 1818 wurde schon diskutiert, die Fläche für Professorenwohnungen zu nutzen. Damals wurde die Idee verworfen, da man so das Panorama auf das Siebengebirge verbaut hätte. Von dieser Aussicht ist heute sowieso nichts mehr übrig.
6. Wenn die Hüte fliegen
Seiner zentralen Lage direkt vor dem Hauptgebäude der Universität Bonn geschuldet ist der Hofgarten auch regelmäßig Schauplatz des Bonner Universitätsfestes. Bei dieser Zeremonie werden die Absolventinnen und Absolventen der Universität gefeiert. Was dabei natürlich nicht fehlen darf: Die obligatorische Robe mit Hut. Aus dem Meer schwarzer Roben werden die Hüte dann in die Luft geworfen. Pandemiebedingt musste das Universitätsfest in den Jahren 2020 und 2021 in kleinerem Rahmen und teilweise digital gefeiert werden. In diesem Jahr konnten die Absolventen jedoch wieder auf der Hofgartenwiese zusammenkommen.
7. Der Hofgarten als Konzertbühne
Der Hofgarten eignete sich aufgrund seiner Größe schon immer bestens für Konzerte. Die Genehmigung für solche Großveranstaltungen zu bekommen, war in der Vergangenheit jedoch nicht immer leicht.
Im Jahr 2022 verwandelt sich der Hofgarten dreimal zur Konzertbühne und begrüßt internationale Stars. Die Geburtstagskonzerte zum 250. Geburtstag Beethovens kommen vom 26. bis 30. August nach mehrfacher Verschiebung endlich auf eine extra errichtete Bühne im Hofgarten. Für Robbie Williams, die Fantatischen Vier und Kraftwerk sind noch wenige Karten zu haben, zwei weitere Künstler sollen bald angekündigt werden.
8. Kriegsgefangenenlager im Hofgarten
Im Frühjahr 1945 wurde der Hofgarten von den Besatzungsmächten mit Drahtzaun umgeben, eine Baracke als provisorisches Kriegsgefangenlager für deutsche Soldaten wurde errichtet. Zwei Jahre lang befand sich das Durchlass- und Entlassungslager für wiederkehrende deutsche Kriegsgefangene auf dem Hofgarten. In diesem Zeitraum wurden knapp 145.000 Soldaten durchgeschleust.
Auch einige tausend Bonner Soldaten kehrten über das Gefangenenlager im Hofgarten in ihre Heimat zurück. Hinzu kamen 1400 Männer aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die nach ihrer Entlassung einfach in Bonn blieben.
9. Der Hofgarten als Sportstätte
An warmen Sommertagen machen viele Menschen auf dem Hofgarten Sport: Fußball, Volleyball oder Spikeball wird hier gespielt. Auch die Bonner Quidditch-Mannschaft spielt auf dem Hofgarten. Die Vorstellung des Hofgartens als großer Sportplatz dürfte dennoch für viele undenkbar sein.
Dabei stand genau das in der Vergangenheit häufiger zur Debatte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden auf dem Hofgarten Sportwettkämpfe ausgetragen und nach dem Ersten Weltkrieg wurde diskutiert, die Fläche dauerhaft in einen Sportplatz zu verwandeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand im Raum, die Rasenfläche mit Trümmerschutt aufzufüllen und in Tennisplätze zu verwandeln. Die Universität und Provinzialkonservator Graf Wolff Metternich setzten sich erfolgreich dagegen zur Wehr.
10. Wenn die Erde im Hofgarten bebt…
Wer regelmäßig am nördlichen Ende der Hofgartenwiese sitzt, dem ist es vielleicht schon einmal aufgefallen: Hin und wieder kann man die Wiese merkbar beben spüren. Direkt unter dem Hofgarten befindet sich die U-Bahn-Haltestelle Universität/Markt. Auf dem Weg zur nächsten Station am Juridicum müssen die Züge eine Kurve machen – direkt unter dem Hofgarten hindurch.
11. Der Hofgarten steht unter Denkmalschutz
Angesichts der langen und wechselhaften Geschichte des Bonner Hofgartens ist es eigentlich kaum verwunderlich, dass der Park gemeinsam mit dem angrenzenden Kurfürstlichen Schloss unter Denkmalschutz steht.
Außerdem ist er eine Station des Rundwegs „Wege der Demokratie“, eine 2004 ins Leben gerufene Initiative des Hauses der Geschichte, die an wichtige politische Orte der Bonner Republik erinnert.