Interview mit Ingo Insterburg "Ich liebte ein Mädchen in Lichterfeld"

BONN · Mit endlos gereimten Songs wie "Ich liebte ein Mädchen in Lichterfeld" wurde er bekannt. Seine Band mischte in den 1960er und 1970er Jahren die Bühnen der Republik auf. Und auch noch mit 80 tritt Ingo Insterburg auf: An seiner Seite der 70-jährige Lothar "Black" Lechleiter. Mit Insterburg sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

 Er nutzt für jedes Lied ein anderes Instrument, die meisten davon sind selbstgebaut: Ingo Insterburg tritt mit dem Sänger Lothar "Black" Lechleiter in der Harmonie auf.

Er nutzt für jedes Lied ein anderes Instrument, die meisten davon sind selbstgebaut: Ingo Insterburg tritt mit dem Sänger Lothar "Black" Lechleiter in der Harmonie auf.

Foto: Privat

Wie erklären wir jungen Lesern jetzt, dass Sie mit Ihrer Band "Insterburg & Co" die braven Bürger in den 1960er und 1970er Jahren mal ziemlich aufgeregt haben?
Ingo Insterburg: Ach, haben wir das? (lacht) Wir sind 1967 in Berlin entstanden. Am besten kamen wir bei den Studenten an. Unsere Auftritte hatten sich in der Mensa rumgesprochen. Die kamen ins Reichskabarett, das 120 Leute fasste. Wir hatten immer ein sehr intelligentes Publikum. Das einzige Mal ausgepfiffen wurden wir von so einer linken Parteigruppe. Die hatte uns aber auch nur eingeladen, um uns zu ärgern.

Sie waren über ein Jahrzehnt mit Karl Dall, Jürgen Barz und Peter Ehlebracht musikkomödiantisch unheimlich erfolgreich. Warum gingen Sie 1979 auseinander?
Insterburg: Wir haben einfach zu viele Auftritte gemacht, jährlich zirka 120. Irgendwann sind wir nur noch krank auf die Bühne gegangen. Die Jahreszeiten haben wir auf den Autobahnen erlebt. Peter ist schon ein Jahr früher ausgestiegen. Das war wegen des Tourneestresses. An dem Punkt hätte ein weiser Mann zu uns sagen müssen: Macht mal ein, zwei Jahre Pause. Aber verratet nicht, dass ihr euch auflöst. Tja, das war halt so.

Die nachfolgenden Erfolge von Otto Waalkes und Mike Krüger wären sicher ohne "Insterburg & Co." nicht möglich gewesen.
Insterburg: Ach, man redet immer viel von Vorbildern und dass das für uns Heinz Ehrhardt gewesen ist. Otto Waalkes hat mal in einer Talkshow gesagt, dass wir seine Vorbilder waren, ja. Na, dann hat er uns aber glatt überholt (lacht).

Bis heute ging es bei Ihnen solo weiter?
Insterburg: Ja, ich habe für meine Auftritte Musikinstrumente gebastelt. Für jedes Lied nutze ich ein anderes. Ich hab inzwischen 120 oder so. Ich spiele besonders gerne auf meinem Eimer-Cello. Das war mal ein Öleimer, der musste drei Tage in der Badewanne in Seifenlauge liegen, damit alles Fett rausging. Darüber habe ich dann zwei Saiten gespannt.

Sie haben auch Ihre kaputte Waschmaschine verwertet.
Insterburg: Ja, die schöne Waschtrommel aus Edelmetall kann ich doch nicht wegschmeißen. Daraus ist eine Kesselpauke geworden. Aus dem Abflussschlauch wurde ein Tenorsaxophon.

Bei Ihnen kommt nichts weg.
Insterburg: Nee, Kriegskinder können nichts wegwerfen. In der Wohnung ist das ja manchmal zu viel, muss ich zugeben.

Sie sagen, Sie müssen immer dichten. Ihre Zwei-mal-zwei-Zeiler sind berüchtigt.
Insterburg: Ja, ich bin Dichter, Maler und Musiker. Demnächst erscheint ein Buch mit 5555 Gedichten von mir. Ich habe jeden Tag zwei, drei geschrieben. Dann ist man so drin und denkt an nichts, und schon fällt einem wieder was ein. So habe ich inzwischen um die 80 Reservegedichte. Wem also ein Gedicht nicht gefällt, der reißt die Seite raus, und es sind immer noch 5555.

Was haben wir in der Harmonie von Ihnen zu erwarten?
Insterburg: Ich trete mit dem Lothar "Black" Lechleiter vom Duo "Schobert & Black" auf, der kommt auch aus Ostpreußen wie ich. Als er damals nicht weit von uns geboren wurde, habe ich ihn schreien gehört und mir gedacht: Das wird mal ein ganz großartiger Sänger... Und ich habe Recht behalten.

Am Anfang haben Sie sogar den berüchtigten Klaus Kinski auf der Gitarre begleitet?
Insterburg: Ja, bei seinen Brecht-Balladen. Ich hab erst später begriffen, warum er mich genommen hat (lacht). Der konnte keine Tonart halten. Die hab ich immer blitzschnell wieder gefunden. Ich bin auch der Einzige auf der Welt, mit dem er sich nie gezankt hat. Der wollte ja nicht, dass ich abhaue.

Aus allem, was Sie mir erzählt haben, versuche ich jetzt, ein Interview zusammenzuschreiben...
Insterburg: Ach, das war doch noch nicht mal die Hälfte...

Zur Person

Ingo Wetzker, Künstlername: Ingo Insterburg, wurde 1934 im ostpreußischen Insterburg geboren. Der Kunstpädagoge startete in den 1960 Jahren eine Karriere als Bandleader von "Insterburg & Co". Seit 1979 tritt der Komödiant, Musiker, Gedichte-Schreiber und Instrumentbauer solo auf. Wetzker lebt in Berlin, ist geschieden und hat einen Sohn.

Info

Karten für Freitag, 19. September, um 20 Uhr in der Harmonie, Frongasse, gibt es für 20,10 Euro in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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