Straßenzeitung „fiftyfifty“ aus Bonn „Ich verkaufe, ich bettele nicht“

BONN · Der 62-jährige Rudi bietet als einer von 20 Verkäufern in Bonn die Straßenzeitung „fiftyfifty“ an.

 Straßenverkäufer Rudi verkauft die Fiftyfifty in Bonn.

Straßenverkäufer Rudi verkauft die Fiftyfifty in Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff

Rudi steht am liebsten am Münsterplatz vor der Hauptpost. „Das ist wirklich ein guter Standort“, erzählt er lächelnd. „Aber das wissen auch andere. Da muss man schnell sein.“ Seit zwei Jahren verkauft der 62-Jährige die Straßenzeitung „fiftyfifty“ in der City und angrenzenden Stadtteilen. „Rund 100 Exemplare bringe ich im Monat an den Mann.“ Er hat mittlerweile auch einige Stammkunden. „Die unterhalten sich gerne mit mir oder fragen, ob alles in Ordnung ist.“ Hin und wieder würden sie ihm auch etwas zustecken.

Nur sonntags macht er frei. „Dann will ich niemanden stören.“ Dafür laufe das Geschäft samstags besonders gut.

Für 95 Cent kauft Rudi die Zeitungen bei den Sozialarbeitern der VFG und bietet sie dann für 1,90 Euro an. Die Differenz darf er behalten. „Auf dieses Geld kann ich nicht verzichten“, erzählt er. Denn mit seiner knappen Rente und der Hartz-IV-Aufstockung komme er nicht über die Runden. „Angst vor der Zukunft habe ich nicht. Ich mache das, so lange es geht. Mal schauen, was dann kommt“, ist er zuversichtlich.

Als Verkäufer legitimiert

Etwa 20 Verkäufer vertreiben die Straßen-Zeitung, die monatlich in einer Auflage von 3000 Exemplaren erscheint. Allerdings überprüft die VFG jeden, der sich an dem Geschäft beteiligen will. „Nur wer registriert ist, der bekommt von uns einen Ausweis, mit dem er sich als Verkäufer legitimieren kann und den er deutlich tragen muss“, betont Stephanie van den Broek, die als Streetworkerin das Projekt mit Elena Susewind begleitet.

Durch den Verkauf würden viele wieder eine Tagesstruktur bekommen. „Viel wichtiger ist allerdings, dass sie auch ein Stück Würde und Respekt erfahren“, stellt Susanne Fredebeul vom VFG die Intention vor. „Genau“, ergänzt auch Rudi. „Ich bettele nicht, ich verkaufe ja etwas. Das ist mir besonders wichtig. Ich will keine Almosen, sondern ich habe etwas anzubieten.“ Er geht zwar nicht auf die Passanten zu und spricht sie gezielt an, sondern er wartet, bis jemand zu ihm kommt. „Es wäre schön, wenn ich beachtet würde“, wünscht sich der 62-Jährige. „Es ist demütigend, wenn die Leute einfach nur durch einen hinweg schauen, als wäre man ein Nichts.“

Derzeit machen den „fiftyfifty“-Verkäufern allerdings unseriöse Zeitungsverkäufer das Leben schwer. Sie reisen aus Nachbarstädten an und verkaufen zum Teil das Kinoprogramm. „Nur wer einen entsprechenden Ausweis von uns hat, ist legitimiert und bei uns registriert“, appelliert Susanne Fredebeul.

Wer Fragen oder Hinweise hat, der kann sich unter 02 28/7 25 91 33 an die VfG-Streetworker wenden. Um auf das Projekt noch deutlicher hinzuweisen plant die VFG eine Verkaufsaktion, bei der Prominente die „fiftyfifty“-Verkäufer begleiten werden.

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