GA-Serie "Die Friedensstifter" Immer auf den Nachbarn zugehen

KESSENICH · Darf ich in meinem eigenen Garten oder auf meinem Balkon Tiere schlachten? Diese Frage dürften sich wohl die wenigsten Bonner bislang gestellt haben, aber Lucie Hamelbeck musste sie schon einmal beantworten. Die 51-jährige Unternehmensberaterin ist ehrenamtliche Schiedsfrau.

 Lucie Hamelbeck ist Schiedsfrau im Teilamtsbezirk Bonn 1.

Lucie Hamelbeck ist Schiedsfrau im Teilamtsbezirk Bonn 1.

Foto: Leif Kubik

Der Hintergrund: „Ein Student der Landwirtschaft hat auf seinem Balkon Kaninchen gehalten und diese auch regelmäßig selber geschlachtet“, erinnert sich Hamelbeck an den skurril klingenden Fall. Davon habe sich die Nachbarsfamilie allerdings beeinträchtigt gesehen: „Die hatten kleine Kinder und die sahen eines Tages die zum Trocknen aufgehängten Tierkadaver auf dem Nachbarbalkon schaukeln“, so Hamelbeck. Der eigentliche Schlachtvorgang sei weniger das Thema gewesen als der Anblick der toten kleinen Nager, die tags zuvor noch fröhlich auf dem Balkon herumhoppelten.

„Alles, was kleiner ist als ein kleines Schwein, dürfen Sie tatsächlich in ihrem Garten schlachten“, so Hamelbeck. Das herauszufinden, sei gar nicht so einfach gewesen: „Schließlich sind wir Schiedsleute keine Juristen, sondern Laien“, erläutert sie. Letztendlich habe ihr ihr alter Dorfmetzger geholfen. Das alles habe allerdings bei der eigentlichen Schlichtung gar nicht so eine große Rolle gespielt; der junge Mann habe sich zuvor schlicht und ergreifend keine Gedanken darüber gemacht, dass andere an seinem Tun Anstoß nehmen könnten. „Beide Parteien haben sich nach einem halbstündigen Gespräch darauf geeinigt, dass der designierte Diplom-Landwirt seine Schlachtungen ab sofort ankündigen und die Kadaver für die Kinder unsichtbar trocknen werde.

So unkompliziert die Lösung des Falls dann war, so verbreitet ist der Fehler, den die Familie im Vorfeld leicht hätte vermeiden können: „Ich frage Anrufer immer zuerst, ob sie überhaupt schon mit der anderen Partei gesprochen hätten. Viele verneinen das, und ich fordere sie dann erst einmal dazu auf, den Kontakt zu suchen“, so Hamelbeck. Auf diese Weise müssten viele potenzielle „Kunden“ erst gar nicht den Weg in ihr Kessenicher Gründerzeithaus suchen.

Und das bringt sie zu einem weiteren Thema: Ihr eigener Garten in Kessenich ist wie der vieler Häuser in ihrem Bezirk, zu dem auch Teile der Südstadt gehören, nur über Nachbargrundstücke zu erreichen. „Das sogenannte Hammerschlags- und Leiterrecht ermöglicht Hauseigentümern, gewisse Arbeiten vom Grundstück des Nachbarn aus zu erledigen, wenn das über das eigene nicht möglich ist“, erläutert sie. In der Praxis führe das aber immer wieder zu Streitigkeiten. Man könne sich stattdessen besser mit den Nachbarn an einen Tisch setzen und vorab klären, was wann gemacht werden darf. Solch eine Vereinbarung sei rechtssicher und sogar einklagbar.

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