478 Einsätze nach häuslicher Gewalt Immer mehr Übergriffe gegen Frauen

BONN · Die Stadt Bonn hat über die steigende Zahl der Gewalttaten und die finanzielle Lage der Frauenhäuser berichtet.

Sie wird seit Monaten von ihrem Mann überwacht und letztlich in der Wohnung eingesperrt. Sie kann über keinen Cent selbst verfügen. Als sie Widerworte gibt, setzt es Schläge und Drohungen - ein Teufelskreis. Schließlich sieht die Frau keinen Ausweg mehr und ruft in einem unbeobachteten Moment die Polizei zur Hilfe, die den Mann nach dem Gewaltschutzgesetz zehn Tage lang der Wohnung verweist. "Und dann kommt die Frau meist zu uns, wenn der Mann uneinsichtig ist und die Ehehölle wieder losgeht", berichtet Elsa Bleeck vom Bonner Frauenhaus des Vereins "Frauen helfen Frauen" über einen "normalen" Fall.

Nach Angaben der Stadtverwaltung hat die Polizei im vergangenen Jahr auf dem Gebiet der Stadt Bonn 478 Einsätze nach häuslicher Gewalt meist gegen Frauen gefahren. Angezeigt wurden unabhängig von Polizeieinsätzen 634 Fälle. In 411 Fällen wurden nach dem Polizeigesetz Rückkehrverbote und Wohnungsverweise ausgesprochen.

In 95 Fällen vermittelten hernach Beratungsstellen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Befragung, die die Stadt auf Anfrage von CDU und Grünen bei ihren Ämtern, der Polizei, der Staatsanwaltschaft, den beiden Vereinen "Hilfe für Frauen in Not" und "Frauen helfen Frauen" sowie der "Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt" durchgeführt hat. Die Gewalt richtete sich gegen sogenannte höchstrichterliche Rechtsgüter, also Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Ehre und sexuelle Selbstbestimmung.

Die Fallzahlen mit anschließendem Verfahren stiegen kontinuierlich, so die Verwaltung: Gab es laut Polizei 2011 noch 265 Betroffene, so seien es 2013 schon 370 gewesen. Vergangenes Jahr mussten die drei Bonner Beratungsstellen für Frauen allein 1714 bedrohte und verletzte Personen beraten.

Die zwei Frauenhäuser konnten 121 schutzbedürftigen Frauen mit 101 Kindern Unterschlupf bieten, die oft bis zu einem Jahr bleiben mussten. 826 Frauen mussten 2013 wegen Überbelegung abgelehnt werden. Sowohl das Frauenhaus des Vereins "Hilfe für Frauen in Not" als auch das des Vereins "Frauen helfen Frauen" seien rund um die Uhr zu erreichen. Beide Häuser könnten jedoch Frauen mit Behinderung nicht aufnehmen, weil sie nicht barrierefrei sind, so die Verwaltung.

Es gebe beim Haus "Frauen helfen Frauen" auch weitere bauliche Mängel, deren Beseitigung 70.000 Euro kosten werden. Das sei im Wirtschaftsplan des Städtischen Gebäudemanagements (SGB) als vorfinanzierte Maßnahme für 2014 veranschlagt. Die Umsetzung der Maßnahmen sei aktuell vorgesehen.

Das Frauenhaus des Vereins "Frauen helfen Frauen" erhalte einen jährlichen Betriebskostenzuschuss von 69.000 Euro zu den Personal- und Sachkosten der Betreuung von der Stadt. Die Kosten der Unterkunft würden einzelfallbezogen nach den Sozialgesetzbüchern sowie dem Asylbewerberleistungsgesetz finanziert. Das Frauenhaus des Vereins "Hilfe für Frauen in Not" werde von der Stadt Bonn mit einem Tagessatz von derzeit 34,03 Euro für die Kosten der Unterkunft und der Betreuung gefördert.

Beide Frauenhäuser erhielten neben der kommunalen Förderung einen jährlichen Landeszuschuss von jeweils 123.695 Euro. Beide Träger setzten regelmäßig Eigenmittel in Form von Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Bußgeldern ein. Diese Beträge variierten von Jahr zu Jahr.

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