Bonner Kirche im Dialog In der Zukunft könnten Roboter den Segen erteilen

Bonn · Im Kirchenpavillon steht ein Roboter, mit dem das Evangelische Forum eine provokante Frage aufwerfen will: Darf eine Maschine einem Menschen den Segen erteilen? Der 1,80 Meter große Roboter „BlessU-2“ spricht die Besucher in sieben Sprachen an und äußert ausgewählte Bibelzitate.

 Roboter BlessU-2 segnet Eckart Wüster (l.) und Martin Engels.

Roboter BlessU-2 segnet Eckart Wüster (l.) und Martin Engels.

Foto: Thomas Kölsch

Darf ein Roboter einen Segen erteilen? Schließlich überlassen Menschen Maschinen und Algorithmen doch auch sonst schon vieles, das Staubsaugen etwa, medizinische Eingriffe oder die Steuerung von Autos. Warum nicht auch eine sakrale Geste? Diese provokante Frage stellt das evangelische Forum Bonn zum Auftakt ihres Jahresprojekts 2020 stellen – und hat im Kirchenpavillon an der Kreuzkirche kurzerhand „BlessU-2“ aufgebaut.

Der 1,80 Meter große Roboter, den der Medienkünstler Alexander Wedekind-Klein aus einem ausrangierten Bankautomaten für die Weltausstellung Reformation 2017 in Wittenberg erfunden hat, spricht die Besucher in sieben Sprachen an und gibt ihnen je nach Anliegen ein ausgewähltes Bibelzitat mit auf den Weg. „Wir wollen ganz bewusst die Frage stellen, wo wir angesichts der Digitalisierung eine Grenze ziehen sollten“, betont Pfarrer Martin Engels, der zusammen mit der Studienleiterin für Medien an der Evangelischen Akademie im Rheinland, Hella Blum, das Projekt initiiert hat.

Das Video ist Bestandteil einer Kooperation zwischen dem WDR und dem GA.

„Über den Roboter kommen die Besucher hier, an der Schnittstelle zwischen Kirche und Gesellschaft, miteinander ins Gespräch über ihren Glauben und die Modernisierungen, die die Welt und damit auch die Religion verändern. Diesen Dialog brauchen wir.“

Kirche kann sich dem Wandel der Zeit nicht entziehen

Selbst eine altehrwürdige Institution wie die Kirche kann sich dem Wandel der Zeit nicht entziehen: Gottesdienste werden im Internet übertragen, Predigten und Bibeltexte über ein Tablet abgerufen und Kollekten im elektronischen Klingelbeutel gesammelt. Da ist der Roboter nur der nächste mögliche Schritt. „Ich nehme wahr, dass es Menschen gibt, die von den Segnungen berührt werden, ebenso wie sie sich durch eine Messe im Fernsehen angesprochen fühlen“, sagt Engels. „Andere sehen die Aktion als Gag, den sie nicht ernst nehmen. Und einige regen sich darüber auf. Ernst nehmen sollten wir sie alle.“

BlessU-2 dient also der Aufmerksamkeit, ebenso wie er seinerseits die Illusion von Aufmerksamkeit erzeugt. „Was Roboter allerdings nicht können, ist die Wärme und die Geborgenheit eines menschlichen Kontakts zu vermitteln“, betont Superintendent Eckart Wüster. „Wir müssen einen Umgang mit den neuen Medien finden, das steht außer Frage. Aber wir dürfen dabei nicht vergessen, was wir als Gemeinde und als Gemeinschaft sein wollen. Für mich spielt Kommunikation dabei eine zentrale Rolle. Grundsätzlich wäre es ja auch denkbar, dass ein Roboter nicht nur den Segen spricht, sondern gleich eine ganze Predigt hält, aber gefallen würde mir das nicht.“

Die Veranstaltungsreihe „Mensch bleiben in der digitalen Welt“ soll den Dialog zwischen Theologie und Wissenschaft anregen. BlessU-2 dient dabei nur als Türöffner: Der Roboter ist noch bis zum 6. Dezember im Kirchenpavillon zu sehen.

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