"Lebende Bibliothek" im Haus Mondial In jedem Menschen schlummern Geschichten

BONN · In jedem Menschen schlummern Geschichten, Erlebnisse und Erfahrungen, genau wie in Büchern. Man kann all das teilen, und das geschah in der "lebenden Bibliothek" im Haus Mondial des Bonner Caritasverbandes.

 Bei Frank Sevenig-Held dreht sich in der "lebenden Bibliothek" alles um das Thema Nikolaus.

Bei Frank Sevenig-Held dreht sich in der "lebenden Bibliothek" alles um das Thema Nikolaus.

Foto: Barbara Frommann

Dort konnten sich die Besucher wie in einer Bücherei einen Leseausweis erstellen lassen und dann in einer Kartei das Buch auswählen, in dem sie gerade schmökern wollten. Die Bücher indes waren Menschen, das Lesen wurde zum Gespräch unter vier Augen.

Da war zum Beispiel das "Buch" Frank Sevenig-Held, der im Nikolauskostüm gekommen war. Bei ihm drehte sich alles um den beliebten Heiligen. Seit Jahren schlüpft er in diese Rolle. "Der Nikolaus ist nicht da, um die Kinder zu tadeln und ihnen zu sagen, was sie falsch gemacht haben", sagte er. "Er will wertschätzen, was sie richtig gemacht haben, und sie ermutigen."

Wer wollte, konnte über den Lebensentwurf eines Kapuzinermönch, über Menschen mit Down-Syndrom, über Mehrgenerationen-Wohnen oder das Teenager-Dasein ins Gespräch kommen. Astronom Peter Oden verriet vieles über seine Faszination für den Weltraum: "Es ist die Sehnsucht nach dem Unbekannten, das über das normal Erlebbare hinaus geht." Anna Katharina Frerichmann war mit dem Thema Studentinnenverbindungen gekommen, und der ehemalige Sozialarbeiter Fred Sips hatte sich als Nachschlagewerk zum Thema Engagement in und für Tannenbusch zur Verfügung gestellt. Sein Motto: "Frag nicht, was die Stadt für Tannenbusch tun kann, sondern was du selbst für Tannenbusch machen kannst." So hatte man Gelegenheit, Antworten von Menschen zu erhalten, die sich mit dem Themenbereich auskennen.

Zum Beispiel zu diesen Fragen:

Wie träumt ein Blinder?
Britta Merkle-Lücke, vor zehn Jahren erblindet: " Ich träume immer in Farben und Formen. Ich weiß ja, wie Farben aussehen. Ich hatte immer Angst, das zu vergessen. Aber das ist wie Schwimmen, das verlernt man nicht. Menschen, die von Geburt an blind sind, wissen nicht, wie Farben aussehen. Da habe ich einen Vorteil."

Wie fühlt sich der Alltag einer Muslima an?
Saloua Mohammed: "Er ist oft mit Herausforderungen verbunden. Zum Beispiel, dass man sich immer wieder als loyale Bürgerin dieses Landes beweisen muss. Aber ich habe einen ganz normalen Alltag. Es ist nicht so, dass ich den ganzen Tag bete. Ich gehe meiner Arbeit nach und setze mich für meine Rechte ein."

Warum verdrehen Menschen mit nicht deutsch klingenden Namen oft die Augen, wenn sie nach ihrer Herkunft gefragt werden?
Alka Khanal, seit 30 Jahren in Deutschland: "Früher, wenn die Leute mich gefragt haben, woher kommst du, habe ich automatisch geantwortet: aus Nepal. Ich war stolz darauf, das mitteilen zu können. Aber das hat nur mit meinem Aussehen zu tun. Ich will doch auch dazu gehören und nicht nur nach dem Äußeren beurteilt werden. Aber inzwischen fragen die Leute eher: Woher kommt der Name? Diese Art, eine Frage zu stellen, finde ich sehr angenehm."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort