Rockerclub Innenminister verbietet "Hells Angels MC Bonn" - Razzia mit 120 Polizisten

Mainz/Neuwied/Bonn · Rivalitäten unter Rockerclubs münden in einem Vereinsverbot. Ein Großaufgebot der Polizei setzt es vor allem im nördlichen Rheinland-Pfalz durch. Begründet wird das seltene Verbot mit einer Serie schwerer Straftaten. Hintergrund ist ein Gerichtsprozess.

Der Mainzer Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat den Rockerverein „Hells Angels MC Bonn“ mit Sitz im rheinland-pfälzischen Kreis Neuwied verboten und aufgelöst.

Bei einer Razzia am Donnerstag mit 120 Polizisten seien auch Stichwaffen, Motorräder und Vereinsvermögen beschlagnahmt worden, teilte das Innenministerium mit. Die Einsätze liefen unter anderem in drei Wohnungen im Landkreis Neuwied, einer Wohnung im Raum Köln-Bonn und dem Vereinsheim in Neustadt/Wied.

Die Rocker nennen sich nach Angaben des Innenministeriums trotz ihres rheinland-pfälzischen Vereinssitzes „Hells Angels MC Bonn“, weil sie sich einst von einer Bonner Gruppierung der „Höllenengel“ abgespalten hatten.

Polizei durchsucht Clubheim der Hells Angels Bonn
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Polizei durchsucht Clubheim der Hells Angels Bonn

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„Die heutige Verbotsmaßnahme ist ein klares Signal an die kriminelle Rockerszene“, betonte Lewentz drei Tage vor der rheinland-pfälzischen Landtagswahl an diesem Sonntag. „Unser Rechtsstaat ist handlungsfähig und wird keinerlei Kriminalität dulden und mit aller Härte dagegen vorgehen.“ Vereinsmitgliedern werden schwere Körperverletzung, räuberische Erpressung, Bedrohung und Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen.

Laut dem Minister dürfen die Rocker keine Vereinskennzeichen wie ihre Kutten mehr tragen und keine Ersatzorganisation gründen. Verletzte unter den Polizisten oder „Höllenengeln“ habe es bei der Razzia nicht gegeben. Ein aggressiver Kampfhund sei allerdings angeschossen worden.

"Haben uns in der Pflicht gesehen, den Verein zu verbieten"

Hintergrund ist der aktuelle Prozess vor dem Landgericht Koblenz gegen acht Rocker wegen mutmaßlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung. Mit einem „Alleinvertretungsanspruch“ in ihrem Gebiet hatten sie laut Anklage andere Motorradclubs mit brutaler Gewalt drangsaliert. Bei einer früheren Razzia bei ihnen habe die Polizei Schusswaffen, Baseballschläger, Stahlruten, Messer und Schlagstöcke gefunden.

Ein Ministeriumssprecher sagte, nach der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung in Koblenz „haben wir uns in der Pflicht gesehen, den Verein zu verbieten“. Die Verbotsverfügung mit einer Aufzählung zahlreicher Straftaten umfasse 30 Seiten. Es sei generell das erste vom Land verhängte Vereinsverbot seit Jahrzehnten.

Die Rocker könnten dagegen Widerspruch vor Gericht einlegen. In Rheinland-Pfalz gibt es laut Lewentz rund 20 Motorradclubs mit insgesamt etwa 400 polizeilich relevanten Rockern. Neben Hells Angels sind das Bandidos, Outlaws und Gremium-Mitglieder.

Unter den Angeklagten in Koblenz ist auch der Präsident des nun verbotenen Vereins, der 2010 in Anhausen (Rheinland-Pfalz) einen Polizeibeamten durch seine Haustür erschossen hat. Laut einem Mitangeklagten soll er sich später als „Polizistenmörder“ bezeichnet haben, um Rivalen einzuschüchtern. Nach seiner Verurteilung zu neun Jahren Haft hatte der Bundesgerichtshof von irrtümlicher Notwehr gesprochen und die Strafe wieder aufgehoben. Nun sitzt der Rockerchef wegen neuer mutmaßlicher Gewaltdelikte in Untersuchungshaft.

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