Verkehrssicherheit in Bonn Installation von Abbiegeassistenten dauert lange

Bonn · Bonnorange und die Stadtwerke Bonn statten ihre Fahrzeuge schrittweise mit Abbiegeassistenten aus. Bislang sind allerdings nur wenige im Einsatz. Die Nachrüstungen dauern lange.

 Bonnorange rüstet seine Fahrzeuge schrittweise mit Abbiegeassistenten aus.

Bonnorange rüstet seine Fahrzeuge schrittweise mit Abbiegeassistenten aus.

Foto: Benjamin Westhoff

Wie gefährlich es sein kann, wenn Lastwagen abbiegen, wurde im vergangenen Juni deutlich, als ein Lastwagen-Fahrer eine 23-jährige Radfahrerin beim Abbiegen auf dem Heinrich-Böll-Ring übersah und tödlich verletzte. Seitdem wird unter anderem von der Bonner CDU, FDP und Grünen sowie dem Kreisverband des Allgemeinen Deutschen-Fahrradclubs Bonn/Rhein-Sieg gefordert, dass große Fahrzeuge mit einem Abbiegeassistenten nachgerüstet werden sollen. Allerdings geht die Nachrüstung teilweise nur langsam voran.

Einen „dezidierten Sachstand“ können die Stadtwerke Bonn (SWB) derzeit noch nicht mitteilen, wie der stellvertretende SWB-Sprecher Michael Henseler dem GA sagte. Allerdings hätten in der Zwischenzeit „die ersten Bestandfahrzeuge“ mit einem Abbiegeassistenten nachgerüstet werden können. Eine genaue Zahl nannte der Sprecher nicht. „Nach und nach werden weitere folgen“, so Henseler. Allerdings können die Fahrerinnen und Fahrer die neuen Systeme noch nicht nutzen – derzeit seien sie in den Bussen noch abgeschaltet. „Zunächst müssen die Fahrerinnen und Fahrer geschult werden“, erklärte der SWB-Sprecher.

Außerdem hatten die Stadtwerke 23 neue Dieselbusse bestellt, die alle mit einem automatischen Bremssystem ausgestattet sind. Allerdings gibt es für die neuen Fahrzeuge noch „keinen finalen Liefertermin“.

Stadt Bonn: 21 weitere Fahrzeuge sollen bis Ende Mai nachgerüstet werden

Etwas schneller scheint die Bonner Stadtverwaltung zu sein. „Bisher sind 30 Fahrzeuge, der Klassen N3/N2 nachgerüstet worden“, erklärte Andrea Schulte vom städtischen Presseamt. Hinter den Klassen N3/N2 verbergen sich Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu zwölf Tonnen. Außerdem stünden derzeit 21 weitere Fahrzeuge zur Nachrüstung an, diese werden voraussichtlich bis Ende Mai fertiggestellt.

„Die nächste Ausschreibung wird Mitte März 2020 veröffentlicht. Hierbei handelt es sich um zirka 50 bis 80 Fahrzeuge, die in Gruppen aufgeteilt beauftragt werden“, so Schulte. Die Nachrüstung soll bis September/Oktober 2020 erfolgen – wenn entsprechende Angebote eingehen und die Firmen die entsprechenden Kapazitäten haben. Im Juli 2019 waren bislang nur zwölf städtische Fahrzeuge mit einem Assistenten ausgestattet.

Bei dem technischen Assistenten handelt es sich zumeist um Kamerasysteme, die es Fahrern von großen Fahrzeugen ermöglichen, den Bereich des toten Winkels zu überwachen. Durch eine Kamera, die rechts am Bus installiert ist, wird der Fahrerin oder dem Fahrer der entsprechende Bildausschnitt auf einem Monitor angezeigt. Allerdings gibt es auch andere Systeme, die nicht auf einen Monitor angewiesen sind.

Die Regionalverkehr Köln GmbH (RVK), die ihre Busse auch auf Bonner Stadtgebiet einsetzt, hat ihre Busse mittlerweile größtenteils mit einem Abbiegeassistenten nachgerüstet. „Nach einer umfangreichen Testphase des Systems im vergangenen Jahr hat die RVK in kürzester Zeit bereits 94 Busse nachgerüstet“, teilte das Unternehmen im Oktober mit. Die Systeme sind seitdem auch in Betrieb. Neue Fahrzeuge hätten den Assistenten direkt eingebaut.

Bonnorange: Vier von 60 Lastwagen haben Abbiegeassistenten

Das Bonner Abfallunternehmen Bonnorange ist noch nicht so weit. Derzeit sind nach Angaben des Unternehmens insgesamt 60 Lastwagen ab 7,5 Tonnen im Einsatz. „Von den 60 Lastwagen haben aktuell vier Fahrzeuge einen Abbiegeassistenten. Durch den Einsatz weiterer elf Fahrzeuge im Laufe des Jahres 2020 werden in einem absehbaren Zeitraum 15 von 60 Fahrzeugen mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet sein“, sagte Bonnorange-Sprecher Jérôme Lefèvre. Abhängig von den Kapazitäten zur Umrüstung weiterer Fahrzeuge in der Werkstatt beabsichtige Bonnorange, dass weitere 27 Lastwagen nachgerüstet werden, sodass dann 42 von 60 Lastwagen über einen Assistenten verfügen.

Das Abfallunternehmen habe in der Vergangenheit verschiedene nachgerüstete Abbiegeassistenten getestet, dabei habe sich ein System ganz besonders bewährt. „Als verlässlich und für den Fahrer als tatsächlicher Helfer und nicht als störanfällige Ablenkung hat sich ein Radar-System erwiesen, das sich in einem unserer Fahrzeuge im Einsatz befindet“, so Lefèvre. Die Radar-Technologie werde in der Regel auch bei den Assistenten, die ab Werk verbaut werden, eingesetzt.

„Ultraschallsensoren sind störanfällig bei Regen und Schnee. Weitere Kameras und somit weitere Bildschirme in der Fahrerkabine tragen nach unserer Einschätzung eher zur Ablenkung denn zur Verkehrssicherheit bei“, erklärte der Sprecher weiter. Daher werde Bonnorange die Nachrüstung mit der Radar-Technik in diesem Jahr weiter vorantreiben, kündigte er an. Grundsätzlich würden für diese Nachrüstung 27 Fahrzeuge infrage kommen.

Bonnorange erhält Auszeichnung vom Bundesverkehrsminister

Die Bemühungen von Bonnorange werden in diesem Monat auch vom Bundesverkehrsministerium ausgezeichnet. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wird eine Auszeichnung für das Nachrüstungskonzept des Bonner Unternehmens überreichen. Bonnorange wird zu einem sogenannten Sicherheitspartner der „Aktion Abbiegeassistent“ ernannt.

Eine finanzielle Unterstützung sei damit nicht verbunden, wie Bonnorange-Sprecher Lefèvre erklärt. Vielmehr sei die Aktion eine freiwillige Selbstverpflichtung. Bonnorange würde das Thema Verkehrssicherheit sehr ernst nehmen, weshalb das Unternehmen seit 1998 auf das Modell Econic von Mercedes-Benz setze und „dafür Mehrkosten in Kauf“ nehmen würde.

„Die deutlich niedrigere Sitzposition des Fahrers ermöglicht eine viel bessere Rundumsicht und schützt durch die nach innen aufgehende Tür andere Verkehrsteilnehmer. Zudem trägt der niedrigere Einstieg zur Arbeitssicherheit für unsere Mitarbeiter bei“, so Lefèvre.

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