"Architektonisch aufräumen" Interview mit Benedikt Stahl über die Facetten der Rheinpromenade

Bonn · Braucht es den großen Wurf? Oder genügen kosmetische Korrekturen, um den Wert des Bonner Rheinufers vollständig zur Geltung zu bringen? Mit Architekt Benedikt Stahl sprach GA-Redakteur Rüdiger Franz.

 Architekt Bene-dikt Stahl.

Architekt Bene-dikt Stahl.

Foto: Privat

Herr Professor Stahl, wie denken Sie über das Rheinufer in Bonn?

Benedikt Stahl: Die Grundbedingungen sind ist insofern komfortabel, als das Besondere, das Spektakuläre bereits vorhanden ist. Nämlich der Rhein, die Flusslandschaft und die Stadt. Sowohl von der einen wie auch von der anderen Rheinseite bietet sich ein prächtiges Bild, das für Postkarten taugt. Und man muss keinen Tunnel bauen wie andernorts, wo der Verkehr die Stadt vom Fluss abschneidet. In Bonn geht es eher darum, architektonisch aufzuräumen, Material zu erneuern und die Charakteristik der unterschiedlichen Abschnitte herauszuarbeiten.

Was meinen Sie damit?

Stahl: Das linke Rheinufer in Bonn weist verschieden Charaktere auf, die teils landschaftlich und teils städtisch geprägt sind. Diese Charaktere sollte man in den entsprechenden Abschnitten prägnanter herausarbeiten. Es mutet beispielsweise sehr kurios an, wie Peter Joseph Lenné als berühmter Sohn der Stadt und berühmtester Landschaftsarchitekt Preußens unterhalb des Alten Zolls in einem winzigen Gärtchen und auf einer verschämt wirkenden Büste verewigt wurde. Auf die Frage nach der richtigen Lösung für das Rheinufer würde seine Antwort wohl lauten: Macht es großzügig, wie es sich für eine große Stadt und einen großen Strom gehört. Die Dissonanz dieser Stelle wirkt symptomatisch. Und wenn man genau hinschaut, dann scheint Lenné auch darüber zu lachen.

Eines Ihrer Themen ist auch die Verbindung von Stadt und Fluss.

Stahl: Es ist wichtig, dass ihr Verhältnis auch funktioniert. Das hat etwas mit der Zuwegung zu tun, aber auch mit der Auffindbarkeit der Wege, die zum Rhein führen. Damit meine ich nicht Schilder, sondern offen erkennbare Wege. Entsprechende Pläne für die Achse von der Universität zum Alten Zoll werden ja verfolgt. Man tut gut daran, solche Ideen nicht nur weiterzuverfolgen, sondern auch umzusetzen.

In Düsseldorf ist mit dem Bau des Rheinufertunnels ein großer Wurf gelungen. Dort sind die Flächen jetzt stark von Gastronomie geprägt. Das ist in Bonn anders, wo beispielsweise der gesamte Bereich zwischen Altem Zoll und Regierungsviertel gastronomiefrei ist. Braucht Bonn mehr Rummel am Rhein?

Stahl: Man braucht sicher Lebendigkeit. Das bedeutet aber auch, dass man möglichst viel Raum zu unterschiedlicher Nutzung frei hält, sodass zum Beispiel auch Bücher- oder Flohmärkte stattfinden können. Gastronomie ist auch gut – aber in Maßen. Die Besonderheit an Düsseldorf ist, dass sich das Geschehen auf zwei Ebenen abspielt und sich beide Bereiche kaum ins Gehege kommen.

Was ist Ihre Lieblingsstelle am Bonner Rheinufer?

Stahl: Das ist keine bestimmte Stelle, sondern das Erlebnis, am Rhein entlang zu radeln, mich zwischendurch auf eine Bank zu setzen, zu lesen und die Gleichmäßigkeit und Ruhe des Stroms zu genießen. Dieser auf alle Zeit unverbaubare Freiraum mitten in der Stadt ist stets faszinierend. Und hierin liegt die Qualität.

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