Jubiläum des Nachbarschaftszentrums Interview mit NBB-Leiterin Gieslint Grenz

Bonn · Das Nachbarschaftszentrum (NBB) hat sich in zehn Jahren zu einer festen Größe auf dem Brüser Berg entwickelt. Dieser Erfolg ist auch der Leiterin Gieslint Grenz zu verdanken. Mit ihr sprach GA-Mitarbeiterin Sonja Koller.

„Wer eine Idee hat, bekommt von uns den Raum gestellt und ein bisschen Support, muss sich aber um die Umsetzung selber kümmern“, sagt die Leiterin des Nachbarschaftszentrums Brüser Berg, Gieslint Grenz.

„Wer eine Idee hat, bekommt von uns den Raum gestellt und ein bisschen Support, muss sich aber um die Umsetzung selber kümmern“, sagt die Leiterin des Nachbarschaftszentrums Brüser Berg, Gieslint Grenz.

Foto: Benjamin Westhoff

Das NBB feiert in diesem Jahr seinen 10. Geburtstag. Was hat sich seit den Anfängen alles getan?

Gieslint Grenz: Als wir 2009 gestartet sind, gab es drei hauptamtliche und 31 ehrenamtliche Mitarbeiter. Heute sind es zwischen 120 und 130 Ehrenamtler pro Jahr. Und alle bringen sich mit ihren Interessen und Fähigkeiten ein, manche sogar in mehreren Bereichen. Wer eine Idee hat, bekommt von uns den Raum gestellt und ein bisschen Support, muss sich aber um die Umsetzung selber kümmern, es für sich und die Nachbarn organisieren. Mittlerweile gibt ein riesiges Spektrum an Angeboten. Natürlich haben wir auch einige Angebote, die von Profis angeboten werden. Niemand von uns wird Rückengymnastik geben, dafür braucht man einen Trainerschein. Dasselbe gilt für Faszientraining – da kann so viel schief gehen.

Welche Angebote gibt es bei Ihnen?

Grenz: Wir haben Sprachkurse, einen Italienisch-Kurs beispielsweise. Seit vergangenem Jahr gibt es bei uns auch einen Arabischkurs, angeboten von einer Frau aus Syrien, die hier selbst Hilfe bekommen hat. Einmal die Woche trifft sich vormittags eine Kochgruppe und immer mal wieder werden Konzert- und Kinoabende angeboten. Im nächsten Monat wird eine ökumenische Weinprobe stattfinden. Wir haben einen Literaturkreis, einen Philosophiekreis, Schach, Doppelkopf, einen allgemeinen Spieleabend, Skat und vieles mehr. Darüber hinaus vermittelt das NBB Ehrenamtliche an verschiedene Institutionen im Stadtteil: ob es der Kindergarten ist, der eine Leseoma sucht, oder die Realschule, die Nachhilfelehrer oder Unterstützung für die Vorbereitungsklassen sucht, oder auch eine Einzelperson, die Hilfe bei den Einkäufen braucht. Da, wo keine andere Institution einspringt, sind wir da. Das Nachbarschaftszentrum kennt alle Ehrenamtlichen und achtet ganz genau auf die Einhaltung von Standards.

Gibt es besondere Arbeitsschwerpunkte, die mit dem Standort Brüser Berg zusammenhängen?

Grenz: Das NBB ist ins Leben gerufen worden, um in diesem Stadtteil soziale Strukturen zu schaffen. Im Gegensatz zu den anderen Bonner Ortsteilen, die langsam gewachsen sind, ist hier einfach eine Siedlung aus dem Boden gestampft worden. Das ist eine Besonderheit dieses Standorts. Wir haben einen relativ hohen Anteil an Senioren. Etwa 25 Prozent der Einwohner sind über 65. Das heißt, es gibt hier viele, die von Problemen wie Altersarmut betroffen sind. Das merken wir an den Besuchern, die sich freuen, dass sie sich bei uns hinsetzen und für 50 Cent eine Tasse Kaffee trinken können, die sie auch selber bezahlen können. Bei Bedarf verweisen wir auch weiter an andere Stellen wie die Sozialberatung nebenan, die Schuldnerberatung, die Suchtberatung oder anderes. Für viele sind wir die erste Anlaufstelle. Von uns werden sie dann weiterverwiesen.

Mit welchen Vorurteilen von außen haben Sie heute immer noch zu kämpfen?

Grenz: Der Brüser Berg ist ja durch diesen Rapper vor einigen Jahren in Verruf geraten. Aber dieser Stadtteil ist weit besser als sein Ruf. Natürlich gibt es hier auch Probleme, aber die gibt es überall. Wir haben eine nette kleine Fußgängerzone mitten im Bezirk, einen tollen Buchladen und die Nähe zum Wald für alle, die noch mobil sind. Ich sehe mich mittlerweile als eine Art Botschafterin des Brüser Bergs. Ich lebe in Bad Godesberg und bekomme mit, dass viele das hier gar nicht kennen. Hier hilft jeder dem anderen und das finde ich ganz wunderbar.

Was bedeutet Nachbarschaft für Sie?

Grenz: Nachbarschaft heißt, dass man aufeinander zugeht, dass man miteinander lebt und nicht aneinander vorbeilebt. Jeder kann hier Leute finden, mit denen zusammen er seine Interessen teilen kann – ob es Schach, Wandern oder Literatur ist. Hier auf dem Brüser Berg muss niemand allein sein.

Was hat sich seit ihrem Einstieg 2014 hier verändert?

Grenz: Jedes Jahr setzen wir hier neue Akzente und bringen neue Sachen ins Rollen. Ich habe zwei wunderbare Sozialpädagoginnen an meiner Seite. Dass wir es gemeinsam geschafft haben, solch ein Angebot ins Leben zu rufen und zu betreuen, ist einfach wunderbar.

Sie feiern Ihr 10-jähriges Jubiläum. Was dürfen wir erwarten?

Grenz: Am 23. November werden wir zwischen 11 und 16 Uhr hier im Zentrum feiern. Es wird ein Programm geben, vorbereitet von Leuten aus dem Viertel. Das Nachbarschaftszentrum und viele andere Einrichtungen am Brüser Berg präsentieren sich mit der ganzen Vielfalt ihrer Angebote. Auch das Jugendzentrum wird öffnen, so dass sich auch die Jugendlichen nicht langweilen. Das Zentrum ist an diesem Tag für alle geöffnet, die sich für unser Angebot interessieren. Getränke und Essen gibt es auch. Wir feiern dann alle gemeinsam in großer Runde.

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