Kommentar Jamaika-Koalition: Bündnis vor der Feuertaufe

Das war ein gutes Wochenende für die Stadt. Ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl, nach intensiven Verhandlungen und einer Zitterpartie beim Endspurt haben CDU, FDP und Grüne die Zustimmung ihrer Parteimitglieder für eine Koalition bekommen.

Damit steht endlich eine Mehrheit im Stadtrat, der so groß und zersplittert ist wie nie zuvor. Hätte die Grünen-Basis den Gang in die Opposition gewählt, wie viele befürchteten, wäre wohl ein monatelanges Machtvakuum ausgerechnet während der brisanten Haushaltsdebatten die Folge gewesen.

Neben der Finanzkrise müssen sich die Jamaika-Koalitionäre mit vielen weiteren Problemen befassen, die seit Jahrzehnten ungelöst sind: vom städtebaulichen Elend auf dem Bahnhofsvorplatz über das alltägliche Verkehrschaos, den milliardenschweren Sanierungsstau an städtischen Gebäuden und den Mangel an preiswerten Wohnungen bis zum fehlenden Hallenkonzept. Bei einer solchen To-do-Liste wird spannend sein, wie stabil das neue Bündnis ist - und wie groß die Leidensfähigkeit der Grünen. Für sie wird es mit zwei Partnern schwerer, ihre Inhalte durchzusetzen, als es in der schwarz-grünen Koalition war. Über das Festspielhaus, das die Grünen ablehnen, werden sich die Jamaikaner kaum zerstreiten: Bei diesem Thema, so die Absprache, darf jede Fraktion nach Belieben abstimmen. Doch die bevorstehenden Einschnitte im Haushalt bergen Sprengstoff.

Einige Vorschläge der Stadtverwaltung haben die drei Fraktionen schon abgelehnt. Sie wollen weder Melbbad noch Friesdorfer Freibad schließen, sie sind gegen eine Sportstättengebühr und eine Zuschusskürzung beim Offenen Ganztag an Schulen. Das Aus für das Kurfürstenbad, das Deutsche Museum und vier Stadtteilbibliotheken scheint dagegen Konsens zu sein. Auch Oper und Schauspiel wollen die Koalitionäre kräftig schröpfen. Damit beweisen sie mehr Mut, als der Rat in den Spardebatten vergangener Jahre gezeigt hat. Aber um den Schuldenhaushalt wirksam zu entlasten, wird es noch mehr schmerzhafte Entscheidungen geben müssen. Und da steckt der Koalitionsteufel im Detail - je nachdem, wessen Wählerklientel besonders bluten muss. Der Spardruck wächst noch durch das Wahlversprechen aller drei Fraktionen, eine Grundsteuererhöhung vermeiden zu wollen. Es braucht keine prophetischen Fähigkeiten, um zu ahnen: Die Steuer wird steigen, wenn nicht jetzt, dann in zwei Jahren. Dass 2015 der Oberbürgermeisterwahlkampf beginnt, ist für die CDU ein strategisches Problem: Wenn die stärkste Ratsfraktion auf Sparkurs geht, wird es für ihren Kandidaten nicht leichter, der SPD das Alte Rathaus abzujagen. Aber: Es gibt keine Alternative zu einer verantwortungsvollen Finanzpolitik.

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