Wirtschaftsbericht Jobwachstum in Bonn ungebrochen

BONN · Laut Wirtschaftsbericht gibt 26.100 Stellen mehr als im Vergleich zum Jahr 1991. Bonn Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch fordert erneut Verhandlungen über Berlin/Bonn-Gesetz.

Ein Azubi übt an einer Fräsmaschine: Im September 2013 hat die GKN Sinter Metals Components GmbH ihr neues Ausbildungszentrum in Betrieb genommen.

Ein Azubi übt an einer Fräsmaschine: Im September 2013 hat die GKN Sinter Metals Components GmbH ihr neues Ausbildungszentrum in Betrieb genommen.

Foto: GKN SINTER METALS COMPONENTS

Die Stadt ist wirtschaftlich stark und weiter auf Wachstumskurs: Das ist das Fazit, das Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Victoria Appelbe, Leiterin der Wirtschaftsförderung, aus dem Wirtschaftsbericht für das Jahr 2013 ziehen. "Bonn hat die größte Wirtschaftskraft in ganz NRW. Darauf kann die Bürgerschaft stolz sein", erklärte Nimptsch.

Jobs: Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs stieg um rund 1900 auf 160 336 (Juni 2013), was einem Plus von 1,2 Prozent zum Vorjahr entspricht. Verglichen mit 1991 hat Bonn 26 100 Jobs mehr. "Wir sind jedes Jahr um mindestens 1000 Stellen gewachsen", resümierte Nimptsch. "Und das setzt sich offenbar fort." Die Arbeitslosenquote stieg 2013 um 0,3 Prozentpunkte auf 7,1 Prozent, wobei Nimptsch vor allem die Langzeitarbeitslosen ohne Berufsabschluss Sorgen machen.

Wirtschaftsleistung: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt hat jeder Beschäftigte in Bonn statistisch 84 394 Euro erwirtschaftet. Das ist der Spitzenplatz in NRW (Durchschnitt: 65 964 Euro).

Wirtschaftsstruktur: Zwar profitiert die Stadt von den großen Dax-Konzernen Post, Postbank und Telekom. 99 Prozent der Firmen gehören laut Stadtverwaltung aber zum Mittelstand mit klarem Schwerpunkt auf Dienstleistung (92 Prozent). Zukunftsbranchen wie die Gesundheitswirtschaft sowie Information und Kommunikationstechnik sind besonders ausgeprägt. Der letztere Bereich hat nach einer aktuellen Analyse rund 9700 Beschäftigte - damit arbeiten 1,2 Prozent aller deutschen Mitarbeiter dieser Branche in Bonn. Arbeitnehmer in der Bundesstadt sind zudem überdurchschnittlich hoch qualifiziert: 23,1 Prozent haben einen Hochschulabschluss. Bei den Unternehmensgründungen verzeichnete die Stadt 2013 einen positiven Saldo von 428 (Vorjahr: 318).

Einwohnerzahl: Die Einwohnerzahl wuchs um 1418 Personen auf 311 287 (0,5 Prozent).

Die Wirtschaftsförderung hat nach Appelbes Angaben im vergangenen Jahr rund 400 Vorhaben von ansässigen oder ansiedlungswilligen Firmen betreut und etwa 250 Existenzgründungen unterstützt. Als Beispiele nannte sie ein neues Ausbildungszentrum von GKN Sinter Metals, den Umzug des IT-Beratungsunternehmens Axxessio von Köln nach Bonn und den Ausbau des Bonner Standortes des Getränkedosenherstellers Ball Packaging Europe von 70 auf rund 200 Mitarbeiter.

Bonn könne sich auf den guten Zahlen aber nicht ausruhen, betonte Nimptsch, der 2015 nicht mehr zur OB-Wahl antritt. Große Wirtschaftskraft bedeute nicht automatisch hohe Steuern für die Stadtkasse: "Vor allem bei den großen Konzernen hängt die Gewerbesteuer von der bundesweiten Aufteilung der Standorte ab", so Nimptsch. Um weiter zu florieren, müsse die Stadt ihren Etat sanieren. "Wir werden deshalb im November ein Haushaltssicherungskonzept in den Rat einbringen." Nimptsch forderte erneut Verhandlungen mit dem Bund über den Umgang mit dem Berlin/Bonn-Gesetz, das durch die Verlagerung von Posten in die Hauptstadt seit Jahren unterlaufen wird. Ein Staatsvertrag zwischen dem Land NRW und der Bundesrepublik könnte Planungssicherheit für die nächsten Jahrzehnte schaffen, unterstrich Nimptsch.

Kammern warnen vor zu hohen kommunalen Steuern

Der Strukturwandel in Bonn ist gelungen, konstatiert die Industrie- und Handelskammer (IHK). "Die Stadt zehrt aber zunehmend von ihrer Substanz", sagt Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. "Schon jetzt sind Flächen für Wohnraum, Industrie und Büros rar, wie nicht zuletzt der Umzug von Haribo zeigt." Die Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen müsse gestärkt werden, wolle die Stadt nicht an Wachstumsgrenzen stoßen. Dabei gehe es nicht nur um Gewerbeflächen, sondern auch um den Verkehr und die Stärkung der Infrastruktur. Um die Innenstadt wettbewerbsfähig zu halten, müssten das Viktoriakarree und die Projekte am Bahnhof zügig umgesetzt werden. Hille: "Angesichts der desolaten Haushaltssituation ist der Einstieg ins Sparen angesagt, Steuererhöhungen gehen zu Lasten der Unternehmen und senden ein falsches Signal."

Für die zuständige Handwerkskammer zu Köln ist Bonn ein Wachstumsmarkt mit einigen wenigen Schwachstellen. "Unsere jüngste Umfrage zur Sicht der Handwerksbetriebe auf die Standortqualität sieht Bonn auf dem vorletzten Platz unter den Kreisen und kreisfreien Städten im Kammerbezirk", so Hauptgeschäftsführer Ortwin Weltrich. Besonders Verkehrsprobleme und Steuerbelastung bewerten die Betriebe kritisch. Einen guten Mittelplatz nimmt die Stadt bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ein. Positiv sehen die 2471 Handwerksbetriebe die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung: Bevölkerungswachstum und eine hohe Kaufkraft in der Stadt. Ein Problem für das Handwerk sei, dass es kaum geeignete Gewerbeflächen gebe.

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