Gedenktafel für den "Kuhlen Hannes" Johann Wilhelmy rettete 19 Menschen aus dem Rhein

Bonn · Eigentlich wollte Johann Wilhelmy an diesem warmen Septembertag 1941 nur einen gemütlichen Spaziergang unternehmen. Doch der Nachmittag nahm eine dramatische Wende. 19 Menschen zog er aus dem Rhein.

 Hans Wilhelmy mit einem Bild seines Vaters Johannes, der am 7. September 1941 bei einem Unglück am Rhein 19 Menschen das Leben rettet.

Hans Wilhelmy mit einem Bild seines Vaters Johannes, der am 7. September 1941 bei einem Unglück am Rhein 19 Menschen das Leben rettet.

Foto: Benjamin Westhoff

Nach einem schrecklichen Unfall am Bootsanleger nahe der Kennedybrücke kämpften plötzlich 150 Menschen um ihr Leben. Ohne zu zögern sprang der „Kuhle Hannes“, wie er noch heute in Bonn bekannt ist, ins Wasser und zog 19 Menschen an rettende Ufer.

An Wilhelmys Heldentat soll nun erinnert werden. Sein Grab auf dem Nordfriedhof wird auf Beschluss der Bonner Bezirksvertretung aufgenommen in die Liste der „Lehrgräber“. Diese werden von den Auszubildenden der Friedhofsgärtner gepflegt. Zudem soll eine Gedenktafel errichtet werden, die über die Rettungsaktion informieren, und bei stadthistorischen Führungen soll auf den mutigen Einsatz des jungen Soldaten hingewiesen werden. „Wir sind wirklich froh über diese Entscheidung“, freut sich Enkelin Marion Wilhelmy. „Mein Vater ist natürlich besonders glücklich.“

Das verhängnisvolle Unglück ereignete sich am 7. September 1941. Mitarbeiter von Dynamit Nobel trafen sich an diesem Sonntag am Rheinufer für einen Betriebsausflug. Mit dem Schiff sollte es nach Boppard gehen. Mehr als 800 Mitarbeiter freuten sich auf die gemeinsame Tour auf dem Rhein. Mit der Straßenbahn angekommen in Bonn, strömten die Menschen zum Fritz-Schröder-Ufer. Dort hatte der Ausflugsdampfer „Glück auf“ festgemacht. Schnell begann der Kampf um die besten Plätze an Bord, und niemand achtete darauf, dass die Landungsbrücke nur für maximal 25 Personen ausgelegt war.

Dutzende Menschen ertranken

Vom Schiff aus versuchte der Kapitän noch die Menschen zu warnen, doch schon bald krachte der Steg mit lautem Getöse zusammen und sank. 150 Menschen stürzten ins Wasser. Ohne Zögern sprangen zwei Soldaten ins Wasser, wurden allerdings von der Strömung erfasst und starben. Der Gefreite Johann Wilhelmy, der damals auf Heimaturlaub in Bonn war, ließ sich dennoch nicht einschüchtern und sprang in den Rhein.

Immer wieder zog er Ertrinkende an die Wasseroberfläche und brachte sie ans Ufer. Auch eine Frau und deren Säugling in einem Kinderwagen holte der sportliche Altstädter aus dem kalten Wasser. Als er schließlich 19 Menschen gerettet hatte, waren seine Kräfte am Ende. Zudem hatte er Verletzungen und tiefe Kratzwunden, die entstanden waren, weil Ertrinkenden mit aller Kraft an ihm festgehalten hatten.

Für 27 Menschen kam jedoch jede Hilfe zu spät. Sie ertranken. Allerdings gibt es unterschiedliche Angaben über die Anzahl der Toten. Während bei einer Gedenkfeier bei Dynamit Nobel von 35 Opfern gesprochen wurde, geht man heute davon aus, dass es mehr als 60 gewesen sind.

Der „Kuhle Hannes“ soll nicht in Vergessenheit geraten

Gut ein Jahr später wurde Wilhelmy für seinen Einsatz geehrt und bekam eine silberne Verdienstmedaille. Jahre später wurde Wilhelmy selbst Opfer eines schrecklichen Unfalls: Auf der Oxfordstraße wurde er am 11. Dezember 1971 von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Sein Sohn Hans kämpft seit vielen Jahren darum, dass die Rettungsaktion seines Vaters nicht in Vergessenheit gerät. „Noch gibt es einige Zeitzeugen, die sich gut an meinen Vater erinnern und über dieses Ereignis Bescheid wissen“, sagt Hans Wilhelmy. „Aber wenn es sie nicht mehr gibt, dann wird sich niemand mehr an die Katastrophe, den selbstlosen Einsatz der vielen Anwohner und den Mann, der 19 Menschen gerettet hat, erinnern.“

Der Beschluss der Politiker wird dafür Sorgen, dass der mutige Bonner nicht in Vergessenheit gerät. Angeregt wurde in der Sitzung der Bezirksvertretung auch, dass die Gedenktafel am Grab um einen QR-Code ergänzt wird, über den Friedhofsbesucher dann alle Informationen abrufen können. Zudem soll noch geprüft werden, ob auch an der Unglücksstelle am Rhein eine Hinweistafel errichtet wird.

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