Freispruch wegen Schuldunfähigkeit Jongleur stach 19-Jährigem fast ein Auge aus

BONN · Weil er sich am 28. Mai 2013 beim Fußballspielen auf der Hofgartenwiese den Zorn eines in der Nähe jonglierenden 28-Jährigen zuzog, hätte ein 19-Jähriger fast ein Auge verloren: Als dem Jongleur der Ball gegen ein Bein prallte, schleuderte er einen Jonglierstab auf den Schüler und traf dessen Auge.

Wegen gefährlicher Körperverletzung landete der 28-Jährige vor Gericht - und wurde wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen.

Dabei sah die Szene an jenem Nachmittag im Hofgarten so friedlich aus: Junge Leute spielten Fußball, Musik wurde gemacht, der Jongleur übte mit seinen Stangen. Was niemand ahnte: Der 28-Jährige, der regelmäßig Marihuana und Amphetamine konsumierte, litt an Wahnvorstellungen, die er jedoch ignorierte.

Und dann sprang dem 19-Jährigen, der Fußball spielte, der Ball weg und gegen das Bein des Jongleurs. Dass er deshalb den Stab mit Absicht auf den Schüler schleuderte, gab der Angeklagte im Prozess nicht zu. Daran habe er keine Erinnerung, sagte er. Und auch nicht daran, ob die Stimmen in seinem Kopf ihm befohlen hätten, den Stab zu werfen.

Fest steht: Der Stab traf den 19-Jährigen mit der Spitze am rechten Auge und verletzte es schwer. "Mein Auge, ich kann nichts mehr sehen, ich bin blind", schrie der Verletzte in Panik. Er musste mehrfach operiert werden: Seine Iris war ausgelaufen und funktionierte nicht mehr. Die Linse war völlig zerstört, unter dem Auge war ein großes Loch, er hatte einen Bluterguss im Kopf, sein Kiefer war verrenkt, das Kopfgelenk blockiert und seine Nasenscheidewand ist bis heute schief.

Der Arzt habe gesagt, eigentlich dürfe er gar nichts mehr sehen, sagte der 19-Jährige. Und fügte hinzu: "Dafür, dass ich wieder ein bisschen sehen kann, muss ich Gott danken." Trotz einer Therapie hat er immer noch Albträume. Er hat den 28-Jährigen auf Schmerzensgeld verklagt und findet es besonders verletzend, dass dieser sich nie entschuldigte.

Dem psychiatrischen Gutachter zufolge war der Angeklagte aufgrund seines Wahns jedoch nicht schuldfähig. Inzwischen, so beteuert der 28-Jährige, der nach der Tat einen Selbstmordversuch beging und in der LVR-Klinik landete, nehme er keine Drogen mehr und höre nur noch "ganz leicht" Stimmen. Medikamente müsse er den Ärzten zufolge nicht nehmen.

Den Freispruch aber wollen die Staatsanwältin, die 18 Monate Haft auf Bewährung gefordert hatte, und auch das Opfer nicht hinnehmen: Sie legten Berufung ein.

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