Etwa 50 Bäume gefällt Kahlschlag im Baumschulwäldchen in Bonn

Bonn · Rund 50 Bäume sind am Baumschulwäldchen gefällt worden. Die Stadt will das Gelände an der Baumschulallee bis Mitte 2018 neu gestalten. Anwohner kritisieren die Rodung.

Karin Ebert traute ihren Augen nicht, als sie vor einigen Tagen aus dem Urlaub zurückkam. „Das Baumschulwäldchen war nicht wiederzuerkennen. So hatte sich das niemand vorgestellt“, sagt sie. Die Stadt hatte viele Bäume und Büsche gerodet. Ein erster Schritt, um den kleinen Park an der Baumschulallee bis Mitte 2018 neu zu gestalten. Wie Ebert kritisieren viele Anwohner den Kahlschlag. Es gibt aber auch anderslautende Stimmen.

Dort, wo der Kurfürst einst exotische Pflanzen für seine Gärten und Alleen züchten ließ, spielen seit Jahrzehnten Kinder aus der Nachbarschaft. In der „grünen Oase“, wie einige sie nennen, führen Anwohner ihre Hunde aus, joggen oder treffen sich auf ein Schwätzchen. Die Pflege wurde allerdings lange vernachlässigt. Büsche wucherten, große Löcher klafften in den Wegen. Bis Fördermittel eine Komplettsanierung ermöglichten. Diese Pläne, das Baumschulwäldchen neu zu gestalten, sind schon drei Jahre alt. Damals gewann das Düsseldorfer Landschaftsarchitekturbüro „scape“ einen Wettbewerb der Stadtverwaltung. Doch den Bürgern gefiel der Entwurf nicht.

In Workshops brachten sie ihre Änderungswünsche ein: So wurde beispielsweise beschlossen, das geschwungene Wegenetz zu erhalten und nicht durch gerade Passagen zu ersetzen. Die Grundidee, das große Gelände in zwei kleinere, miteinander verbundene Areale umzugestalten, blieb: Ein Naturwäldchen und ein botanisches Wäldchen an der alten kurfürstlichen Gärtnerei. „Auf Grundlage dieses Vegetationskonzeptes werden mehr als 30 neue Bäume überwiegend heimischer Arten gepflanzt“, erläutert Stefanie Zießnitz vom städtischen Presseamt.

Charme der alten Bäume geht verloren

Doch den Charme der alten Gewächse werden die wohl nicht erreichen. „Bis diese umwelteffektive Tendenzen entwickeln, vergehen mindestens 60 Jahre“, sagt Ebert. Sie ärgert sich aber vielmehr darüber, dass mehr Bäume und Büsche entfernt wurden, als in den Bürgerworkshops angekündigt – nämlich knapp 50. „Das mag daran liegen, dass das Projektmanagement kleinere Bäume und dichtes Buschwerk mit starkem Stamm nicht als Bäume bezeichnet. Was ein Laie natürlich nicht wissen kann.“ Die Stadtverwaltung betont hingegen, dass die Bäume wie in den Workshops besprochen gefällt wurden. „Sollte an der einen oder anderen Stelle ein Baum zusätzlich gefallen sein, dann nur vor dem Hintergrund, dass er nicht mehr standsicher war“, erklärt Zießnitz.

Kahlschlag im Baumschulwäldchen
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Kahlschlag im Baumschulwäldchen

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Es scheint allerdings so zu sein, als seien sich die Anwohner selbst nicht ganz einig. So gibt es Stimmen aus einer an der Neugestaltung beteiligten Bürgerinitiative, die sich einen Park wünscht, der „sozial kontrollierbar“ ist. Die Schlussfolgerung: Wenn die Anlage besser einsehbar ist, können Drogendealer und -konsumenten schlechter Schutz finden. „Mir ist da bisher nie jemand aus dieser Szene begegnet“, erzählt ein Anwohner, der eine andere Meinung vertritt.

Kritik: Verschwendung von Fördermitteln

Eine Bonnerin, die regelmäßig mit ihrem Hund im Baumschulwäldchen spazieren geht, bemängelt die Neugestaltung grundsätzlich. „Da ist dann plötzlich Geld da, weil es Fördermittel gibt. Woanders wäre das aber besser investiert“, sagt sie. Es sei ein falscher Anreiz, hohe Fördermittel zu verteilen, wenn auch mit weniger Geld etwas ausgebessert werden könne – beispielsweise die Schlaglöcher auf den Wegen. Beim Baumschulwäldchen ist es tatsächlich so, dass 70 Prozent der Gesamtkosten in Höhe von 310 000 Euro durch Fördermittel des Bundes gedeckt sind. Mit dem städtischen Eigenanteil hätte man keine „den heutigen Anforderungen entsprechende Umgestaltung planen und bauen können“, heißt es aus dem Stadthaus.

Die CDU-Stadtverordnete Henriette Reinsberg kann die Aufregung nicht verstehen. „Es gab eine Bürgerbeteiligung, bei der die Leute auch zufrieden waren“, sagt sie. Die Verwaltung habe sich Mühe gegeben, die Hinweise aus der Bevölkerung umzusetzen. Bezirksbürgermeisterin Brigitta Poppe (Grüne) lobt die Neugestaltung: „Nach umfangreichen Diskussionen und Bürgerbeteiligungen ist das Ziel, das Baumschulwäldchen freundlicher und heller erscheinen zu lassen.“ Es scheine aber, dass bei den Fällarbeiten zahlreiche Sträucher und Büsche offenbar entgegen den Planungen entfernt worden seien. „Hier werden sich die Grünen für Ersatzpflanzungen einsetzen. Sträucher haben wichtige klimatische, faunistische und lärmmildernde Funktionen.“

Voraussichtlich im März starten die Landschaftsbauarbeiten, die bis Mitte 2018 abgeschlossen werden sollen. Die Stadt wird währenddessen zu einem Mitmachtag einladen, bei dem sich die Bürger zum Beispiel an Pflanzaktionen beteiligen können.

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