Dirigentin Yoorina Bae Kammerorchester Röttgen probt für Schuberts Unvollendete

Röttgen · Das Kammerorchester Röttgen erntet mit seiner jungen Dirigentin Yoorina Bae für sein Spiel viel Lob. Als nächstes steht Schuberts Unvollendete auf dem Programm.

 Yoorina Bae korrigiert die Musiker singend.

Yoorina Bae korrigiert die Musiker singend.

Foto: Stefan Hermes

Die Begeisterung für das Kammerorchester Röttgen (KOR) ist ansteckend. Dirigentin Yoorina Bae hört konzentriert zu, wie Gerbera Nalbach, Ulrike Krüsmann und Annette Zipfel (Vorstandsvorsitzende) über das Gestern und Heute ihres Orchesters miteinander ins Gespräch kommen. Die kurz vor ihrem Abschluss an der Kölner Musikhochschule (KMH) stehende Südkoreanerin Bae (34) gibt noch keine zwei Jahre den Takt vor und bringt die Orchestermitglieder bereits zu Aussagen wie „dieser Schubert war das beste, was wir je gespielt haben“.

Selbst Jan-Paul Reinke, der das Dirigat des KOR sieben Jahre lang innehatte, habe dem Orchester „diese hohe Qualität der musikalischen Interpretation der 5. Sinfonie Schuberts“ bei seinem Frühlingskonzert nicht zugetraut. Solche Komplimente geben dem bis zu 30 Frauen und Männer starken Klangkörper Kraft und Schwung für die Zukunft.

Gerade traf man sich – wie jeden Montag – nach kurzer Pause wieder in der Thomaskirche zur ersten Probe für Schuberts Sinfonie in h-Moll (Die Unvollendete), die zusammen mit dem Requiem von Gabriel Fauré im November zur Aufführung kommen wird.

Bae im Einklang mit ihrer Partitur

Yoorina Bae tritt ohne viel Worte ans Dirigentenpult. „Hoffe, ihr habt alle einen schönen Urlaub gehabt“, sagt sie und hebt bereits ihren Taktstock. Kaum eine Symphonie beginnt so eindrucksvoll und bedrohlich, wie die „Unvollendete“ von Franz Schubert. Bae ist im Einklang mit ihrer Partitur. Alles scheint im Fluss. Wenn sie korrigiert, tut sie es singend. Nalbach erinnert sich daran, wie das Orchester Bae kennengelernt hat: Interimsdirigent Nicolas Kierdorf war kurz vor einer Beethoven-Premiere erkrankt, so dass Bae für die Generalprobe einsprang. „Ungeachtet des engen Zeitplans veränderte sie unser Spiel auf eine Weise, die uns alle überzeugt hat.“

Krüsmann denkt laut an die letzte Probe vor dem Frühjahrskonzert: „Sie hat uns in der Generalprobe vier Stunden lang gezwiebelt. Und das bei 30 Grad. Immer wieder und nochmal“, lacht sie. Vielleicht liegt das Streben nach Perfektion daran, dass Bae ihrem Studium in Seoul noch einen Aufenthalt an der KMH anschloss, um das Land „ihrer“ Klassiker Bach, Brahms oder Beethoven besser kennenzulernen. Gemeinsam mit ihrem „Liebhaberorchester“ – sie möchte die ambitionierten Musikerinnen und Musiker des KOR nicht „Laien“ nennen – begibt sie sich auf die Suche. „Ich bin hier, um die klassische Musik nicht nachzumachen, sondern zu verstehen.“

Das war nicht immer der Anspruch des Kammerorchesters. Es wurde 1970 von Friedrich Bernhard Hausmann gegründet, der es auch nahezu 40 Jahre als Konzertmeister leitete. Als Presbyter sah er seine Aufgabe vor allem in der Pflege der geistlichen Musik für die Röttgener Kirchengemeinden. „Das war die Zeit der Oratorien und Bachkantaten“, so die heutige Konzertmeisterin Annette Zipfel. „Hauptsächlich spielte unser Orchester zusammen mit den Chören der Röttgener Gemeinden und dem Kammerchor Röttgen, den es leider seit einem halben Jahr nicht mehr gibt“, so Zipfel, „die reine Orchesterliteratur kam für uns dann erst nach Hausmann.“

Musik gestaltet Gemeindeleben

Prägend für die intensive musikalische Arbeit in der Gemeinde sei damals auch die Kantorin Ursula Stamp gewesen, die für viele Kinder und spätere Orchestermitglieder in Röttgen die Grundlagen geschaffen und über Jahrzehnte mit ihrer ganzen Kraft gestaltet hatte. „Eine Arbeit, die seit 2007 überaus erfolgreich von Anke Lehmann fortgeführt wird“, ergänzt Krüsmann, die voll des Lobes für ihren Stadtteil ist. „Es ist einfach schön, dass wir mit unserer Musik zur Gestaltung unseres Gemeindelebens beitragen können.“

Es mache ihr so viel Freude, weil in Röttgen viele musikinteressierte Menschen seien. „Hier freuen sich einige, nicht bis nach Köln in die Philharmonie zu müssen, sondern ihren Musikgenuss auch vor Ort zu bekommen.“ Zudem sei der Eintritt meist frei. Auch wenn Gastmusiker wie zuletzt der spanische Cellist Javier Huerta Gimeno das KOR ergänzen. So, wie sich schon jetzt der russische Pianist Konstantin Zvyagin für ein Konzert am 10. Mai im Beethovenjahr 2020 angekündigt hat. Doch zunächst wird am 17. November Schuberts Unvollendete in der Thomaskirche zur Aufführung kommen. Ambitionierte (vor allem auch jüngere) Musikerinnen und Musiker sind jederzeit eingeladen, das KOR zu verstärken. Insbesondere sind zweite Geigen und Kontrabassisten gefragt.

Geprobt wird immer montags von 20 bis 22 Uhr in der Thomaskirche. Weitere Infos unter www.kammerorchester-roettgen.de.

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