Ostermarsch in Bonn Kapitänin Pia Klemp spricht über Iuventa-Rettungsmission

Bonn · 450 Menschen haben am Ostermarsch durch Bonn teilgenommen. Auf dem Friedensplatz gab es Infostände. An einem davon war Kapitänin Pia Klemp zu Gast, die in Italien angeklagt ist, weil sie Flüchtlinge in Seenot rettete.

Solange die Welt ist, wie sie ist, gehen Friedensaktivisten in ganz Deutschland am Karsamstag auf die Straße. Auch in Bonn wurde wieder gegen Aufrüstung, Atomenergie und die Kriminalisierung von Seenotrettern auf dem Mittelmeer sowie für den Schutz des Klimas und anderes demonstriert. Die Veranstalter, das Mitsing-Ensemble „Hand in Hand“, hatten neben dem Ostermarsch auch Infostände auf dem Friedensplatz organisiert. Das Ganze verlief laut Polizei friedlich. Nach deren Schätzung marschierten rund 450 Teilnehmer von Beuel nach Bonn.

Vom Rondell am rechten Reinufer aus zogen die Demonstranten singend über die Kennedybrücke, wo sie Blumen und Papierschiffchen zu Ehren der durch Krieg, Terror und Flucht Getöteten in den Rhein warfen. Danach marschierten sie weiter durch die Bonner Innenstadt, sangen auf dem Münsterplatz unter anderem die „Ode an die Freude“ mit einigen neu gedichteten Strophen und trafen dann zur Abschlusskundgebung auf dem Friedensplatz ein. Dort wurden einige aktuelle Themen angesprochen, darunter die Ursachen für die Fluchtbewegungen, die Abschottung Europas nach außen, die Folgen des Klimawandels und nicht zuletzt das Sterben im Mittelmeer.

Stände auf dem Friedensplatz

Auf dem Platz fand man Stände der Deutschen Friedensgesellschaft, von „Sea Eye“, Attac, Ausbildung statt Abschiebung, den Naturfreunden Deutschland und dem MediNetz Bonn. Diesem gehören aktuell rund 80 Ärzte an, die ehrenamtlich Flüchtlinge behandeln, die illegal in Bonn leben und keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Am Stand der Organisation Solidarity at Sea, die die „Iuventa“-Rettungsmissionen organisiert, sprach Pia Klemp mit Passanten. Die 35-Jährige hatte 2017 als Kapitänin das Schiff „Iuventa“ mit Flüchtlingen an Bord in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa gesteuert. Während in Deutschland viele ihren Mut bewundern und ihr in der Schweiz demnächst ein Menschenrechtspreis für ihren humanitären Einsatz verliehen wird, sitzt sie in Italien genau wegen dieses Einsatzes auf der Anklagebank: wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung.

Gleichwohl sah man die Bonnerin gut gelaunt. „Warum sollte ich nicht lachen?“, fragte sie. Derzeit läuft ihr zufolge das Strafermittlungsverfahren, 2020 beginnt ein voraussichtlich langwieriger, teurer und ihrer Meinung nach politisch motivierter Prozess. „Uns drohen bis zu 20 Jahre Haft dafür, dass wir Menschen in Seenot das Leben gerettet haben“, berichtete Klemp im Gespräch mit dem GA. „Wenn solidarisches Handeln bestraft wird, dann steht viel mehr als unsere persönliche Freiheit auf dem Spiel. Dann ist das die Freiheit unserer Gesellschaft, und dagegen gilt es aufzustehen und sich stark zu machen.“

Klemp forderte eine staatliche Seenotrettung durch die EU, den Stopp der Blockade von Nichtregierungsorganisationen und sichere und legale Einreisewege für Asylsuchende nach Europa. Zugleich müssten die Fluchtursachen bekämpft werden. Es sei bitter zu beobachten, dass Europa von diesen Forderungen weit entfernt ist. Der zu befürchtende Rechtsruck im EU-Parlament nach der Wahl im Mai sei beängstigend. Aus der Geschichte müsse man lernen, „dass wir eine solidarische Gesellschaft brauchen, in der man Verantwortung übernimmt“.

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