Zwischen Kneipen und Kiosken So feierten Jecke und Gastronomen den Rosenmontag in der Bonner Altstadt

Bonn · Endlich wieder Karneval in der Bonner Altstadt: Darüber freuten sich Tausende Jecken, die am Rosenmontag dort feierten. Aber auch Kioskbetreiber und Gastronomen genossen es, wieder so viel Zulauf zu haben.

 Fröhliches Feiern auf der Kölnstraße am Rande der Bonner Altstadt.

Fröhliches Feiern auf der Kölnstraße am Rande der Bonner Altstadt.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Jecken halten ihre geschminkten Gesichter in die Sonne. Es riecht nach Grillwürstchen, die an jeder Ecke an Straßenständen oder vor Kneipen und Kiosken verkauft werden. Eine Eselsmutter wiegt ihr Kind, während die Kapelle im Zug Samba-Töne spielt. Alte wie Junge werfen sich auf die Kamelle. Endlich wieder Karneval in der Bonner Altstadt, freut sich auch Mariya Beitzen, die mit Familie und Freunden den Rosenmontagszug jedes Jahr im Kneipen-Viertel schaut.

„Wir wohnen mittlerweile in der Innenstadt, aber dort ist es etwas anonymer. Hier in der Altstadt kennt man jeden, da sind die Kids und unsere Freunde. Das ist schön“, sagt sie. Auch die Gastronomen und Kioskbetreiber genießen es, dass der Karneval nach der Corona-Pause wieder ausgelassen gefeiert wird. Fast alle machen mit.

Rückblende: Um halb elf Uhr am Morgen des Rosenmontagszugs ist es ruhig in der Altstadt. Ein Mann als niederländische Werbefigur „Antje“ verkleidet holt an der Kölnstraße noch schnell das nötige Geld aus dem Sparkassenautomaten. Bei Edi´s Snacks und Drinks bereiten die Mitarbeiter und Besitzer Edi gerade vor dem Kiosk alles vor, um die Zuschauer später mit Getränken und Essen zu versorgen.

Doris Atasoy und ihre Nichte bereiten am Vormittag im Edi´s Snacks und Drinks alles für den Rosenmontag vor.

Doris Atasoy und ihre Nichte bereiten am Vormittag im Edi´s Snacks und Drinks alles für den Rosenmontag vor.

Foto: Christine Ludewig

„Wir sind froh, dass wir wieder mit dabei sind“, sagt Edi Atasoy. Das Geld für Pavillon, Dixi-Klos, Tische und Verpflegung investiere man im Voraus, erklärt er, und hoffe dann, dass es sich lohnt. „Wir wissen nicht, wie es läuft. Wenn man Pech hat, bleibt man auf den Kosten sitzen.“ Das gute Wetter verspricht aber einen guten Umsatz.

„Leev Marie“ dröhnt im Inneren des Ladens aus den Boxen. Hier steht Edis Frau Doris Atasoy hinterm Tresen. Sie ist ein echtes „kölsches Mädche“, wie sie sagt. Ihr Lieblingslied: „Schenk mir dein Herz“ von den Höhnern. „Ich mag am Karneval, dass alle gut gelaunt sind. Alle sind gleich – egal wie sie aussehen oder wo sie herkommen“, sagt Doris Atasoy.

Auf der Breite Straße liegen am Vormittag Konfetti, Flaschen und andere Partyüberbleibsel der vergangenen Tage, die ersten Kostümierten ziehen durch die Straßen. Eine Anwohnerin kehrt vor ihrer Haustür den Müll zusammen. „Die Kinder spielen gleich draußen“, erklärt sie. „Einmal im Jahr kann man das machen.“

Der Bonner Student Marcel macht ein Foto von der Ruhe vor dem Sturm. Er arbeitet in der Pinte und stellt sich auf eine lange Schicht ein. „Heute Morgen kamen noch mal acht Fässer an. Das ist nicht normal“, sagt er und lacht. Der Bierkonsum der vergangenen Tage zeige, wie ausgiebig die Jecken nun nach zwei Jahren Pause feiern.

„Heute musst du aufhaben auf der Breite Straße“, erklärt der 26-Jährige, und meint damit den guten Umsatz. Zwei Mitarbeiter hinter der Theke und ein Türsteher schmeißen das Geschäft an diesem Tag. „Ich hoffe, dass die Leute entspannt sind“, sagt Marcel.

 Ömer Pire und Tochter Merve freuen sich, wieder Karneval in ihrem Restaurant Que Sera feiern zu können.

Ömer Pire und Tochter Merve freuen sich, wieder Karneval in ihrem Restaurant Que Sera feiern zu können.

Foto: Christine Ludewig

Ein paar Feuerwehrleute frühstücken um 11 Uhr vorm Stadthaus. Auch der Kult-Kiosk ist mit mehr Getränken als üblich und Karnevalsmusik auf den Tag vorbereitet. „Wir feiern mit“, sagt Mitarbeiterin Gönün Agirbas. In einem Hauseingang genehmigen sich Lara und Keno (beide 27) einen Sekt in der Sonne. Sie wollen später in der Heerstraße den Zug anschauen. „Da waren wir schon mal. Es sind super viele Menschen dort“, sagt Lara. Was die beiden am Karneval mögen? „Alkohol“, sagt Keno und fügt hinzu: „Die Herzlichkeit und Nahbarkeit.“ Lara genießt es, dass „alle aus ihrem Alltag ausbrechen.“

 Pawlow-Wirtin Christine Dold (l.) und Tochter Hanna setzen als Familie geschlossen auf maritime Kostüme.

Pawlow-Wirtin Christine Dold (l.) und Tochter Hanna setzen als Familie geschlossen auf maritime Kostüme.

Foto: Christine Ludewig

Altstadt-Gastronom: „Wir haben solche Tage vermisst“

Am Abend des Rosenmontags ist der Boden auf der Heerstraße vor der Marienschule mit Scherben übersät.

Am Abend des Rosenmontags ist der Boden auf der Heerstraße vor der Marienschule mit Scherben übersät.

Foto: Christine Ludewig

Vor dem Altstadt Kiosk an der Maxstraße hat Besitzer Wajid Munaf einen Grill und Getränke aufgebaut. „Wir machen das seit Jahren“, sagt er. „Wir haben solche Tage vermisst“, sagt Ömer Pire, dessen Familie unter anderem den Imbiss Döner House und das Restaurant Que Sera an der Heerstraße betreibt. „Weiberfastnacht hatten wir hier eine tolle Stimmung“, sagt er und hofft, dass es so weitergeht. Besonders vor dem Hintergrund aktueller Kriege und Katastrophen wie dem Erdbeben in der Türkei findet er: „Man darf die Hoffnung nicht aufgeben.“

Alexandra (hinten links) feiert mit einer Freundin und den Kindern ausgelassen in der Bonner Altstadt den Rosenmontagszug.

Alexandra (hinten links) feiert mit einer Freundin und den Kindern ausgelassen in der Bonner Altstadt den Rosenmontagszug.

Foto: Christine Ludewig

Im abgesperrten Schulhof der Marienschule positionieren sich die Rettungskräfte. Ein paar Häuser weiter bereiten Wirtin Christine Dold und ihre Tochter Hanna – als Hai und Taucherin verkleidet – im Pawlow alles für die anstehende Party vor. „Rosenmontag ist der härteste Tag“, sagt Hanna, die mit dem Altstadt-Karneval groß geworden ist. „Aber dieses Jahr war auch Weiberfastnacht und Samstag viel los. Man merkt schon, dass es die Corona-Pause gab. Die Leute haben Bock.“ Bisher sei alles friedlich gelaufen. „Man muss mit den Betrunkenen richtig umgehen mit einer Mischung aus streng und locker“, sagt die 21-Jährige. „Wir arbeiten heute, bis alles ausverkauft ist“, sagt Jonathan, der in der Bäckerei Sila extra aushilft, weil viel zu tun ist. „An Karneval gibt es mehr Laufkundschaft.“

Um 13 Uhr ist die Kölnstraße voller Menschen. Immer mehr Jecken ziehen in die Altstadt ein, einige mit Bollerwagen. Anwohner und Freunde setzen sich wie jedes Jahr auf Fensterbänke und Balkone und warten in der Sonne auf den Zug, der am Nachmittag in die Altstadt rollt.

„Wir haben uns alle so gefreut, dieses Jahr endlich wieder Karneval zu feiern“, sagt Alexandra, die sich passend zum Viertel als Kirschblütenbaum verkleidet hat. Richtung Wolfstraße sei es schon richtig voll. „Es ist insgesamt voller als früher“, findet die Bonnerin.

Nach dem Zug geht die Party in der Altstadt am Abend weiter. Während die Straßenreinigung sich schon brummend durch die Straßen schiebt und die Mitarbeiter nebenher laufend Flaschen und Müll einsammeln, wird in und vor den Kneipen weiter getanzt, geschunkelt und getrunken. Vor der Marienschule knirschen die Scherben auf der Heerstraße unter den Füßen. Hier halten die Rettungskräfte weiter die Stellung. Ein paar Meter weiter versammelt sich eine Menschentraube begeistert um eine Blaskapelle.

„Wir sind jetzt fertig“, sagt Edi Atasoy erschöpft am Abend. Dank des guten Wetters sei das Geschäft gut gelaufen. „Man wird nicht reich“, sagt er, aber ein Bonus für Urlaub sei drin. „Es hat Spaß gemacht“, sagt Elisa Zilch, die während der Pandemie das Café Banks van Liz an der Breite Straße eröffnet hat. Die Karnevals-Feierlichkeiten seien für sie eine gute Werbung. Von der Stimmung ist Zilch begeistert: „Ich hätte nicht gedacht, dass Bonn so feiern kann.“

Bilder von den Partys in der Bonner Altstadt gibt es auf unserer Karnevalsseite kamelle.de.

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