120 Mitarbeiter betroffen Keine Rettung für Bonner Karstadt-Filiale

Bonn · Die Bemühungen der Stadt Bonn und der Aachener Grundvermögen waren umsonst: Die Karstadt-Filiale in der Innenstadt soll Ende Oktober schließen. Unter den Angestellten ist die Betroffenheit groß.

 Die Karstadt-Filiale an der Poststraße schließt Ende Oktober.

Die Karstadt-Filiale an der Poststraße schließt Ende Oktober.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Kampf um den Erhalt der Bonner Karstadt-Filiale an der Poststraße ist wohl verloren: Seit Montag verkünden große Schilder in den oberen Etagen von der bevorstehenden Schließung. Am Mittwoch soll der Räumungsverkauf beginnen. Die Vermieterin des Warenhaus-Immobilie, die Aachener Grundvermögen, die Karstadt noch vor wenigen Tagen eine Mietsenkung um mehr als 50 Prozent angeboten hatte, wurde von dieser Entwicklung offensichtlich kalt erwischt. Dort wusste man am Montag noch nichts von diesem Schritt.

Karstadt-Betriebsratsvorsitzende Therese Thrun wirkt am Telefon zutiefst betroffen: „Die Stimmung bei meinen Kollegen und mir ist katastrophal“, sagt sie, „das können Sie sich ja vorstellen.“ Bis Ende letzter Woche hätten alle noch gehofft, dass durch das Entgegenkommen der Vermieterin die Filiale doch noch gerettet werden könne. Und auch die Stadt Bonn wollte, wie berichtet, im Zuge der Mietsenkung Zugeständnisse machen. Sie hatte der Aachener Grundvermögen angeboten, die Pacht für das Grundstück, das sich im städtischen Besitz befindet, von 750 000 im Jahr auf rund 500 000 Euro zu senken.

Oberbürgermeister Ashok Sridharan erhielt keine Rückmeldung von Karstadt

Überrascht von der aktuellen Entwicklung zeigte sich denn auch Oberbürgermeister Ashok Sridharan: „Uns liegt bisher keine offizielle Reaktion von Karstadt auf unser Angebot vor. Die Schilder suggerieren eine Entscheidung, über die wir bisher nicht informiert worden sind. Ich fände es enttäuschend, wenn jetzt Fakten geschaffen würden, ohne dass noch einmal das Gespräch gesucht würde.“

Doch genau das ist offensichtlich geschehen. Reden will man auch nicht mit der Presse: Eine Anfrage des GA sowohl beim Sachverwalter des Konzerns, Frank Kebekus, als auch bei der Pressestelle des Konzerns in Essen blieb bis zum Abend unbeantwortet. Derweil berichtet Betriebsrätin Thrun, dass die Belegschaft per Mail Anweisungen aus Essen erhalten habe, was im Einzelnen jetzt geschehen soll. „Wir wussten, dass ab dieser Woche die Schilder aufgehängt werden“, sagt sie. Als Mitarbeiter der damit beauftragten Firma ihre Kollegen zur Hilfe heranziehen wollten, sei sie eingeschritten: „Ich habe denen gesagt, dass keiner meiner Kollegen ihnen beim Schilderaufhängen helfen werde.“ Thrun, seit 40 Jahren bei Karstadt beschäftigt, versteht die Welt nicht mehr: „Alle haben sich bewegt, wir haben schwarze Zahlen geschrieben und jetzt das. Wir Mitarbeiter sind denen nicht wichtig.“

Karstadt-Kunden in Bonn bedauern das Aus

Auch Kunden zeigen sich ob der Schließung tief betroffen. Die Bonnerin Sigrid Hosenstein etwa bedauert die Schließung der Karstadt-Filiale sehr. „Ich finde das nicht gut“, sagt die 76-Jährige. Sorgen macht sie sich vor allem um die Mitarbeiter. „Wo sollen denn die Leute untergebracht werden?“, fragt sie. „Das Stammpersonal ist ja auch nicht mehr so jung.“ Sigrid Hosenstein, die seit 1987 in der Bundesstadt lebt, ist sich sicher, dass nach der Schließung weniger Menschen in die Innenstadt gehen. „Ich kenne viele, die nach Köln zum Einkaufen fahren, weil die Bahnverbindungen dorthin gut sind.“ Für sie werde es dann auch schwieriger. „Ich finde in diesen neuen Modegeschäften nichts für mich.“ Für die Zukunft sehe sie es als wichtig an, dass die Stadt mal überprüfe, was wie gut besucht wird in der Innenstadt.

Auch Danijela, die ihren Nachnamen in der Zeitung nicht lesen will, findet die Schließung sehr schade. „So viele große Kaufhäuser gibt hier ja nicht“, sagt die 43-Jährige. „Das ist schade für die Stadt Bonn.“ Auch fragt sie sich, was jetzt aus Aldi und dm wird, die im Untergeschoss von Karstadt eingezogen sind.

Ein 21-jähriger Student, der gerade aus der Karstadt-Filiale kommt, sieht es eher pragmatisch. „Ich finde, der Schritt ist okay“, sagt er. Schließlich bleibe Galeria Kaufhof am Münsterplatz erhalten. Einmal die Woche gehe er in den Karstadt. Für ihn ist es wichtig, dass die Geschäfte in der Innenstadt überleben. „Ich versuche nicht nur online zu bestellen, sondern auch in den Geschäften vor Ort einzukaufen.“

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