Sozialwohnungen in Bonn Kauf von Belegungsrechten scheitert

Bonn · Der Stadt Bonn fehlen preiswerte Sozialwohnungen. Ein wichtiges Instrument der Stadtverwaltung gegen die Wohnungsmisere ist der Kauf von Belegungsrechten. Doch auch da tut sich wenig.

 Geförderte Wohnungen, wie hier in Lengsdorf "In der Grächt", sind rar in Bonn.

Geförderte Wohnungen, wie hier in Lengsdorf "In der Grächt", sind rar in Bonn.

Foto: Barbara Frommann

Der Stadt stehen immer weniger Mietwohnungen zur Verfügung, die sie Berechtigten, also etwa Alleinerziehenden oder Menschen mit geringem Einkommen oder Handicap, zuweisen kann. Die Hoffnung, Eigentümer würden sich die freie Auswahl der Sozialmieter für weitere zehn bis 15 Jahre abkaufen lassen, ist derweil zerstoben. Das berichten Jeanette Wagner, Abteilungsleiterin Regional- und Stadtentwicklungsplanung, und Florian Gottschalk, Sachgebietsleiter für Wohnraumförderung, dem General-Anzeiger auf Nachfrage.

Dabei klafft die Schere aus Angebot und Nachfrage immer weiter auseinander. „Wir haben 2014/15 für 250 Wohnungen Belegungsrechte zurückkaufen können“, weiß Gottschalk, „diese im selben Zeitraum aber für 3600 Wohnungen verloren.“

Wie viele Sozialwohnungen in Bonn tatsächlich fehlen, ist nur zu schätzen. Vor vier Jahren ging die Verwaltung von einem Bedarf von 7500 neuen Wohnungen bis 2016 aus. Erwünscht war ein Bau von wenigstens 1000 Wohnungen jährlich. Tatsächlich wurde diese Vorgabe trotz massiver Landesförderung erst im vergangenen Jahr erreicht.

Gleichzeitig verlieren immer mehr einstmals geförderte Mietwohnungen ihre Belegungsbindung, weil die Frist dafür abgelaufen ist. Der Vermieter ist dann zwar noch nachwirkend zehn Jahre an die Mieterauswahl der Kommune gebunden. Danach kann er seine Mieter aber frei wählen. „Viele nehmen die Wartezeit in Kauf, um danach die Miete bei Neuvermietung an den Mietspiegel anzupassen“, erklärt Gottschalk.

Gesucht werden vor allem Ein- und kleine Zwei-Zimmer-Wohnungen

Der Rückkauf der Belegungsrechte sollte diesen Prozess verlangsamen. Fünf Euro pro Quadratmeter Mietfläche und Jahr bekommt jeder Vermieter, der für weitere zehn oder 15 Jahre auf sein Wahlrecht verzichtet – sofort ausgezahlt in einer Summe für den gesamten Vertragszeitraum. „Angesichts der großen Nachfrage nach Mietwohnungen ist das aber offenbar nur für wenige attraktiv genug“, sagt Gottschalk. Überdies komme nicht jede Wohnung infrage. Gesucht werden vor allem Ein- oder kleine Zwei-Zimmer-Wohnungen, da 60 Prozent der Bevölkerung inzwischen alleine lebten.

Auch Darlehensgelder zum Wohnungsbau lagen bei der Stadt in der Vergangenheit herum wie Ladenhüter. „2015 haben wir die Hälfte ans Land zurückgegeben“, so Gottschalk. Der Mangel an geeigneten Bauflächen sei der Hauptgrund dafür, aber auch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die macht Darlehen mit Auflagen für Bauherren wenig attraktiv.

Inzwischen hat das Land nachgebessert und gewährt über einen Tilgungsnachlass sogar einen Bauzuschuss. Mit 22 Millionen Euro hat die Kommune 2016 bereits den Neubau von rund 200 Wohnungen bezuschusst. Jüngst hat das Land der Stadt Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zusammen weitere 30 Millionen Euro bewilligt.

Den Bedarf zu decken, ist illusorisch

„In Bonn haben wir zwischen sieben und acht Prozent geförderter Wohnungen. Etwa zwölf Prozent sollten es sein“, sagt Stadtentwicklungsplanerin Wagner. Den Bedarf zu decken, sei angesichts fehlender Flächen illusorisch. Ein Ausweg könnte eine Bausatzung sein, die Bauherren dazu verpflichtet, 30 Prozent aller Neubauwohnungen als Sozialwohnungen zu errichten. Die Stadtverwaltung hat derzeit einen entsprechenden Prüfauftrag.

Boomende Städte wie Köln, Münster oder München haben eine vergleichbare Regelung. Die Resultate indes sind unterschiedlich. „In München gibt es das schon seit zwei Jahrzehnten. Dort spricht die Stadtverwaltung tatsächlich von einem dämpfenden Effekt auf die Mietpreise“, erklärt Wagner. In Köln, wo die Regelung erst zwei Jahre gilt, habe sich noch nichts geändert. Ein solcher Beschluss sei demnach eher ein politisches Signal. Kurz- und mittelfristig sei auf der Angebotsseite substanziell wenig zu erreichen, befürchtet Wagner.

Nachfrage wird weiter steigen

Dabei dürfte die Nachfrage eher noch steigen als abnehmen. Alle Prognosen sagen Bonn eine eher wachsende Bevölkerung voraus – und als Flüchtlinge anerkannte Migranten aus der Flüchtlingswelle des vergangenen Jahres sind darin noch nicht berücksichtigt. Schon jetzt ist jeder zweite Bonner berechtigt, sich eine Sozialwohnung zuweisen zu lassen. Viele suchten sich allerdings ihre Bleibe selbst.

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