Kommentar zur Vergabe der Werberechte Kaum noch Spielraum

Meinung · Der Stadtrat trifft am Donnerstag hinter verschlossenen Türen eine millionenschwere Entscheidung, mit der die Werberechte an Straßen, Plätzen und Haltestellen in Bonn für 15 Jahre vergeben werden sollen. Der Vertrag, den Oberbürgermeister Ashok Sridharan vorschlägt, ist politisch umstritten.

Die U-Bahnstationen zwischen Bonner Markt und Heussallee sind unverwechselbar. Jede Haltestelle in einer anderen Farbe, Hellgrün, Orange Braun – das macht sie besonders. Wenn die Stadtwerke nun planen, in dieses optische Gesamtkunstwerk aus den 70er Jahren blinkende Werbebildschirme hinein zu bauen, wird das nicht nur die Linkspartei im Rat, sondern bestimmt auch viele Fahrgäste verärgern.

Nur muss man leider sagen: Das zählt nicht (mehr). Weil die Stadt Bonn es sich ebenso wenig wie die Stadtwerke leisten kann, wählerisch zu sein, was ihre Geldquellen angeht. Der Stadtrat verabschiedet heute erneut einen Doppelhaushalt mit Millionen-Defiziten, die weit jenseits dessen liegen, was sich Otto Normalbürger bildlich vorstellen kann. Dass die Stadt es schafft, bis 2021 ihren Haushalt auszugleichen – wie von Stadtverwaltung und Ratskoalition angekündigt – ist nicht mehr als eine kühne Hoffnung.

Deshalb muss die Kommune ihre Konzessionen so teuer wie möglich verkaufen. Das gilt eben auch für das Recht, an Bonner Plätzen und Straßen Reklame zu platzieren. Und wenn digitale Werbung in den U-Bahnhöfen oder zusätzliche Mega-Light-Wände an der B 9 den Ertrag steigern, dann wird der Spielraum der Stadt und der Kommunalpolitiker, an diesen Stellen abzulehnen, leider immer kleiner.

Der neue Werbevertrag – mutmaßlich wieder mit dem Ströer-Konzern – bringt ohnehin nicht annähernd so viel ein, wie die Stadtkämmerei für die nächsten Jahre im Haushalt eingeplant hat. Auch die Branche der Stadtreklame, in Deutschland von zwei großen Firmen beherrscht, leidet darunter, dass Werbegelder ins Internet abwandern. Umso sinnvoller, dass die Stadt das Vergabeverfahren den Stadtwerken übertragen hat, die bisher nur ihre Haltestellen vermarktet hatten. Die Vergabe aus einer Hand dürfte das Ergebnis verbessert haben.

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