Treffen von Bürgermeistern und Bund Kein komplett kostenloser Nahverkehr in Bonn

Bonn · Das erste Treffen der fünf Modellstädte zur Verbesserung der Luftqualität in Bonn verläuft ohne konkretes Ergebnis. Bonner OB Ashok Sridharan sieht das ganze nicht als kurzfristig realisierbar.

Schon am Morgen bemüht sich Ashok Sridharan (CDU), die Erwartungen in Bezug auf den prominentesten Punkt herunterzuschrauben. Im Hörfunk macht der Bonner Oberbürgermeister deutlich, dass die Einführung eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs nicht von heute auf morgen machbar sei. „Es ist nicht realistisch, kurzfristig kostenlosen ÖPNV anzubieten“, sagt der OB und verweist auf nötige Investitionen und Finanzierungslücken. Spricht's – und macht sich auf in Richtung Robert-Schuman-Platz. Im Bundesumweltministerium ist der Bonner mit Vertretern der Bundesregierung und der Städte Essen, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg verabredet.

Jene fünf Kommunen hatte die Bundesregierung kürzlich zu Modellstädten auserkoren. Sie sollen mit Bundesmitteln Möglichkeiten zur Schadstoffreduzierung ermitteln. Damit will die Bundesregierung einer drohenden EU-Klage zuvor kommen. Die EU macht Druck auf Deutschland wegen einer hohen Luftbelastung in vielen Städten mit gesundheitsschädlichem Stickoxid, das vor allem aus Dieselabgasen stammt. An diesem Dienstag will das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob nach aktueller Rechtslage Fahrverbote für Diesel möglich wären. Dass davon mit Reuter- und Endenicher Straße auch Bonn betroffen wäre, hat mit der Rolle als Modellstadt somit zumindest indirekt zu tun. In Berlin skizziert ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums die Haltung der Bundesregierung dazu: Man wolle zwar punktuelle Fahrverbote ermöglichen, plane aber weiterhin keine „blaue Plakette“. Es gehe vielmehr um „passgenaue, maßgeschneiderte Lösungen“ für „hochbelastete Strecken“.

Als sich am Nachmittag die Türen öffnen, hat sich an der Haltung des Bonner Stadtoberhaupts nichts geändert. Überraschender ist es da schon, dass auch seine vier Kollegen offenbar zu einer ganz ähnlichen Bewertung kommen. „Den komplett kostenlosen Personennahverkehr hat keine der Kommunen vorgeschlagen“, berichtet Sridharan nach dem Gespräch. Der Mannheimer Kämmerer Christian Specht (CDU) bezeichnet einen kostenlosen ÖPNV als „Illusion“. Auf die Frage, ob sich denn nun zumindest in einer der fünf Modellkommunen ein solcher Test abzeichne, sagt Sridharan: „Ich denke, dass das eher unrealistisch ist.“

Am Morgen hat Sridharan sich noch „gespannt“ gezeigt, welche Ideen der Bund hat. Von denen dringt am Nachmittag nicht viel nach draußen. Statt dessen kündigen die Städte an, bis März ihre eigenen Vorschläge zu machen. Es gehe vor allem darum, Diesel-Fahrzeughalter zum Umsteigen auf den Nahverkehr zu bewegen, aber nicht darum, den ÖPNV kurzfristig kostenfrei zu machen, sagt die Oberbürgermeisterin von Reutlingen, Barbara Bosch (parteilos). Aus Sicht ihres Essener Kollegen Thomas Kufen (CDU) bedeutet kostenloser ÖPNV letztlich: „Es muss jemand anders bezahlen.“ Nur das Bundesumweltministerium will dem kostenlosen Nahverkehr offenbar noch nicht die Messe lesen: Es sei nicht auszuschließen, dass noch eine Stadt einen entsprechenden Vorschlag einbringen werde, sagt ein Sprecher. Zugleich stellt er klar: Zu keinem Zeitpunkt sei der Gratis-ÖPNV in allen Modellstädten vorgesehen gewesen. Das Thema sei nur eines von mehreren. Eine andere Idee sei eine stärkere Nutzung von E-Bussen. Dazu wiederum passt an diesem Montag eine Nachricht aus Brüssel: Dort hat die EU-Kommission entschieden, dass Deutschland Elektrobusse und Ladestationen mit 70 Millionen Euro fördern darf. Sie hatte das unter wettbewerbsrechtlichen Kriterien geprüft.

Am Ende zeigt sich Ashok Sridharan zufrieden. Das Gespräch sei „sehr konstruktiv“ gewesen, wenn viele Fragen auch offen geblieben seien. „Das war nur ein erster Aufschlag“, so der OB. Und: Die Bundesregierung habe zusätzliche Mittel zugesagt.

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