Langer Winter Kiebitz und Drossel verschieben Rückflug in ihre Brutgebiete

Bonn · Es staut sich in Europa. Nicht (nur) auf den Autobahnen, sondern bei den Zugvögeln, die zurzeit in ihre Brutgebiete hierzulande zurückkehren. Durch den ungewöhnlich langen Winter haben sie aber mit Zwischenstopps den Rückflug angetreten, weiß Till Töpfer.

 Kennt sich aus mit Zugvögeln: OrnithologeTill Töpfer hält im Museum Koenig einen präparierten Alpensegler in Händen.

Kennt sich aus mit Zugvögeln: OrnithologeTill Töpfer hält im Museum Koenig einen präparierten Alpensegler in Händen.

Foto: Vera Dudik

Die Folge für die hiesige Vogelwelt kennt Ornithologe am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig: "Wir beobachten die Situation des Zugstaus gerade zum Beispiel in Österreich. Viele Vögel, wie Kiebitze und Drosseln, sind durch die lange Kälteperiode gezwungen worden, in anderen Gegenden auf ihren 'Abflug' in die Heimat zu warten".

Das sei vor allen Dingen immer dann problematisch, wenn dort bedingt durch den Winter, "nicht genügend Nahrung vorhanden ist und die Fettreserven der Tiere allmählich erschöpft sind". Bedenken, dass die Vögel aus ihren Winterquartieren gar nicht mehr ins kalte Deutschland zurückkehren, muss man laut Töpfer aber nicht haben.

Das Heimatgefühl liegt bei ihnen gewissermaßen in den Genen: "Die Vögel bekommen eine Zugunruhe vererbt, die sie zwangsläufig früher oder später aus den Winterquartieren vertreibt." Ungünstige Bedingungen wie Stürme, Regen oder eben lange anhaltenden Kälteperioden wie zuletzt können ihre Rückkehr zwar aufschieben, nicht aber ganz verhindern.

Wenn die Tiere besonders früh in ihre Brutgebiete zurückkehren, können sie sich zwar zuerst ein gutes Revier sichern, müssen aber auch mit dem Risiko rechnen, noch nicht genügend Nahrung vorzufinden, erklärt der Experte. In diesem Fall zieht der frühe Vogel wohl den Kürzeren.

Der lange Winter muss aber durchaus nicht nur einen Nachteil für die Vogelwelt Deutschlands bedeuten, sondern gar eine kurzzeitige Bereicherung. Momentan bietet Deutschland etwa einen Zwischenstopp für Vögel, die ihre Brutgebiete eigentlich in Skandinavien haben und nun erst weiterflögen.

Langfristig wiesen die Trends ohnehin eher in die entgegengesetzte Richtung. "Da das Klima insgesamt wärmer wird, kommen Insektenfresser wie der Mauersegler oder der Bienenfresser immer früher nach Deutschland zurück", weiß der Vogelkundler. Diese "Verfrühung" betrage ungefähr zwei Wochen und hänge vor allem mit dem Vorhandensein von genügend Nahrung zusammen.

Die Beute, also die Insekten, regulieren damit gewissermaßen den Bestand - und nicht andersherum. Wichtiger aber als Kälte und Wärme sei für den Erhalt der deutschen Vogelwelt etwas anderes: "Die Tiere brauchen ausreichend Lebensraum. Wenn der durch Wohnungsbau und Fabriken weniger wird, sieht es schlecht aus."

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