Fleischfressende Pflanzen im Botanischen Garten Klebrige Schönheiten warten auf Beute

BONN · "Feed me - fütter' mich!" Viele Besucher des Botanischen Gartens werden gestern bei ihrem Rundgang an die unmissverständliche Aufforderung der fleischfressenden Pflanze aus dem Film- und Bühnenklassiker "Der kleine Horrorladen" gedacht haben.

 Vorsicht, klebrig: Drosera admirabilis ist ein Sonnentau aus der westlichen Kapregion Südafrikas.

Vorsicht, klebrig: Drosera admirabilis ist ein Sonnentau aus der westlichen Kapregion Südafrikas.

Drosera admirabilis, Heliamphora ionesii oder Nepenthes ampullaria werden allerdings nicht ganz so groß wie Musical-Star "Audrey II" und verfügen zum Glück auch nicht über ihren Blutdurst. "Bis zu anderthalb Liter Verdauungsflüssigkeit kann so eine Kannenpflanze oder Nephentes aber auch schon mal fassen", erklärte Birgit Emde. Die Falle gilt zwar hauptsächlich Insekten, aber auch Amphibien und kleine Säugetiere landen schon mal in der Kanne.

Die Karnivoren-Expertin des Botanischen Gartens war gestern eine gefragte Frau: Fast ohne Pause gab sie den wissbegierigen Besuchern Auskunft über Herkunft, Nahrungsgewohnheiten oder Pflege dieser außergewöhnlichen Pflanzen. Bereits zum elften Mal hatte die Gesellschaft für fleischfressende Pflanzen zur Ausstellungs- und Tauschbörse in den Botanischen Garten der Universität eingeladen.

"Hier in Bonn befindet sich eine der bedeutendsten Sammlungen in ganz Europa", erläuterte Markus Welge, erster Vorsitzender des Vereins. Bei speziellen Führungen hatten die Vereinsmitglieder den ganzen Tag über Gelegenheit, mit Emde hinter die Kulissen der Gewächshäuser zu schauen. Auch viele andere Besucher nutzten die Gelegenheit zum Kauf, Tausch oder einfach zum Betrachten der spannenden Pflanzen.

Die Karnivoren oder fleischfressenden Pflanzen sind nicht direkt miteinander verwandt, die meisten Arten gehören aber zu einer von drei biologischen Ordnungen. Fünf Fallentypen lassen sich dabei unterscheiden: Klebe-, Saug-, Fallgruben- und Reusenfallen werden aufgrund des Fehlens aktiver Bewegung auch Passivfallen genannt.

Aktiv "jagen" können nur Pflanzen mit Klappfallen, wie die bekannte Venusfliegenfalle. Mit einem Pappmodell erklärte Emde den Besuchern die Wirkungsweise: "Wenn ein Beutetier sich auf ein geöffnetes Blatt setzt und dabei bestimmte Rezeptoren berührt, wird wie bei einem Nervensystem eine elektrische Erregung ausgelöst und die Blatthälften schließen sich binnen Sekundenbruchteilen wie ein Fangeisen."

"Ich finde es spannend, dass mal eine Pflanze ein Tier frisst, und nicht umgekehrt", sagte Henrik Jellinghaus, Schüler aus Ennepetal und Vereinsmitglied. Die besondere Ästhetik scheint viele Menschen zu faszinieren. "Mich haben diese Pflanzen zu meinem Studium inspiriert", sagte Sebastian Hess. "Die Kombination aus Schönheit und Bewegung ist im Pflanzenreich einzigartig", findet der promovierte Biologe.

Wer mehr erfahren will, findet im Internet unter www.carnivoren.org alles Wissenswerte zu Pflanzen und Verein.

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