Urteil in Bonn Kleinwüchsiger drangsalierte regelmäßig Passanten

BONN · Seine Zeit verbringt ein 51 Jahre alter Bonner gerne rund um den Hauptbahnhof. Der kleinwüchsige Mann rastet allerdings immer wieder aus, da er sich insbesondere von jungen Menschen angegriffen, provoziert und gehänselt fühlt.

Das führte dazu, dass der unter Betreuung stehende Mann in den letzten zehn Jahren 120 Ermittlungsverfahren anhäufte.

Alleine in diesem Jahr sind bis zum August 37 neue Verfahren hinzugekommen. Angezeigt wurde der 51-Jährige, der auf dem geistigen Stand eines Grundschulkindes zu sein scheint, meistens wegen Beleidigung und Körperverletzung.

Bestraft wurde er dafür allerdings noch nie: Bislang stuften die psychiatrischen Sachverständigen den Mann unter anderem aufgrund einer intellektuellen Minderbegabung, einhergehend mit einer geringen Frustrationstoleranz, stets als schuldunfähig ein.

Dementsprechend sprach das Amtsgericht den 51-Jährigen auch im August 2013 vom Vorwurf der versuchten und vollendeten Körperverletzung, des Diebstahls und der Beleidigung frei. Vorgeworfen hatte die Staatsanwaltschaft dem Kleinwüchsigen eine ganze Reihe von Taten zwischen Juni 2011 und Anfang 2012.

Den erneuten Freispruch nahm die Staatsanwaltschaft jedoch nicht hin. Sie legte Berufung gegen die Entscheidung ein, da ihr die Ausführungen des Sachverständigen zur Aufhebung der Steuerungsfähigkeit nicht konkret genug waren. Jetzt kam es vor dem Landgericht zur Berufungsverhandlung.

Die war bereits zwei Mal angesetzt, musste aber jedes Mal abgesagt werden, da Prozessbeteiligte fehlten - unter anderem der Angeklagte selbst.

Daher wurde er zum zweiten und dritten Termin vorsorglich von der Polizei gebracht. In einer Vorführzelle musste er auf den Beginn der Verhandlung warten. Alleine davon schien er sichtlich beeindruckt. Doch für ihn kam es noch schlimmer: Ein neues psychiatrisches Gutachten geht davon aus, dass der Angeklagte eingeschränkt schuldfähig ist.

Es folgte die erste Verurteilung: Wegen zweifacher Beleidigung und vierfacher Körperverletzung - bei zwei Körperverletzungen blieb es beim Versuch - wurde der 51-Jährige zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (60 Tagessätze à fünf Euro) verurteilt.

Die vorsitzende Richterin äußerte in der Urteilsbegründung die Hoffnung, dass der Angeklagte nun merkt, dass er keinen "Freifahrtschein" hat und er sich in Zukunft an die Regeln hält.

Neues Ungemach droht dem Kleinwüchsigen jedoch bereits: Momentan laufen anscheinend Ermittlungen, da er jemanden mit einem Messer angegriffen haben soll.

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