Verkehr in Bonn Koalition will Konzept gegen Kollaps

Bonn/Region · Bis 2026 wird an Bonner Brücken gebaut. Die Koalition will die Bonner Arbeitgeber für gemeinsames Handeln gewinnen. Vier befragte Unternehmen zeigen sich jedoch zögerlich.

Bonnern, Bewohnern aus der Region, Touristen und Fernfahrern stehen ab Mitte 2017 viele Jahre mit massiven Verkehrsproblemen bevor. Die ohnehin überlasteten Verkehrsadern Nordbrücke, Tausendfüßler und Südbrücke sind marode, und die nötigen Sanierungen werden sukzessive durchgeführt. Und genau diese Großbaustellen auf Bonner Gebiet könnten sich als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung entpuppen. Hinzu kommt die Viktoriabrücke, deren angelaufene Sanierung bis mindestens Herbst 2019 Auswirkungen auf den innerstätischen Verkehr haben wird.

Um den Verkehr auf den Straßen zu reduzieren, schlägt die Bonner Ratskoalition in einem Antrag vor, die Stadt möge möglichst viele lokale Arbeitgeber für eine gesteigerte Nutzung von Jobtickets für den öffentlichen Personennahverkehr und zum anderen für ein gemeinsames betriebliches Mobilitätsprojekt gewinnen. Mobil.Pro.Fit heißt dieses mit Fördermitteln des Bundesumweltministeriums in der Trägerschaft des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (BAUM) laufende Projekt. Es bietet Unternehmen ein spezielles Management an, das nach Lösungen massiver Verkehrsbehinderungen suchen und zum Klimaschutz beitragen soll.

„Zwar verfügen einige Unternehmen in Bonn bereits über Managementsysteme wie Car-Sharing, betriebliche Fahrräder oder das Jobticket“, weiß Bert Moll, planungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Viele Betriebe praktizierten aber noch kein systematisches Mobilitätsmanagement und nutzten nicht alle Möglichkeiten, um einen größeren Beitrag für die Reduzierung des Autoverkehrs zu leisten. Die Region Köln sei bei Mobil.Pro.Fit bislang schon in Workshops eingebunden gewesen, die Stadt Bonn aber leider noch nicht. „Dies gilt es zu ändern“, sagt Moll. Schließlich müsse man auch in Bonn alle Kräfte bündeln, um die großen Herausforderungen zur Verringerung der Verkehrsbelastungen zu bewältigen. Zudem dürfe man die Möglichkeit, Fördermittel zu bekommen, nicht ungenutzt lassen.

Die vom GA befragten fünf großen Bonner Arbeitgeber – Deutsche Post DHL, Postbank, Telekom, Universität und Stadtverwaltung – halten sich mit einer Bewertung der verzwickten Verkehrslage bedeckt und berichten dafür lieber von eigenen Initiativen, das Verkehrsaufkommen zu verringern. Alle fünf bieten seit Jahren das Jobticket an.

Bei der Deutschen Post nutzen laut Christina Mueschen mehr als 60 Prozent der 8000 Mitarbeiter öffentliche Verkehrsmittel, das Fahrrad oder kommen zu Fuß. Über eine Onlineplattform würden Fahrgemeinschaften organisiert. Bei der Postbank sei von den 3200 Mitarbeitern am Standort rund ein Drittel per Jobticket unterwegs, teilte Tim Rehkopf mit.

Peter Kespohl weist für die rund 15.000 Bonner Telekom-Mitarbeiter zusätzlich auf den firmeneigenen Shuttledienst mit Kleinbussen, die Stationierung von Dienstfahrrädern und das Gehaltsumwandlungsmodell für private Fahrräder und eBikes hin. Flexible Arbeitszeitmodelle sorgten zudem dafür, dass man Spitzenzeiten im Berufsverkehr aus dem Weg gehen kann.

Andreas Archut, Sprecher der Uni Bonn, sagte, man verwirkliche nach der Befragung der 6300 Mitarbeiter einen Mobilitätsplan, „um die Verkehrsströme zugunsten einer stärkeren Nutzung von ÖPNV und Fahrrad und weg vom allein benutzten Auto zu verlagern“. Stefanie Zießnitz vom Presseamt verweist darauf, das Jobticket gehöre seit 1993 zum festen Bestandteil des Angebots für die 6610 Mitarbeiter der Stadtverwaltung.

Werden die Unternehmen mit im Boot sein, wenn der im Planungsausschuss befürwortete Antrag auf Einführung von Mobil.Pro.Fit im Hauptausschuss verabschiedet wird? Ein Ja kommt nur von der Stadtverwaltung. Bei der Post gibt es „aktuell keine Überlegungen, uns in weiteren Projekten einzubringen“. Die Telekom benötigt mehr „Projektinformationen“, um darüber zu entscheiden.

Auch die Postbank will eine Teilnahme erst prüfen, sobald entsprechende Anfragen vorliegen. Auch die Uni will noch nicht abschließend sagen, ob eine Beteiligung für sie generell sinnvoll ist. Folgt der Hauptausschuss am 15. September dem Antrag der Koalition, dürfte auf die Verwaltung noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zukommen, Mitstreiter für das Projekt Mobil. Pro.Fit zu finden.

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