60.000 Euro Schadensersatz Krankenschwester ließ 87-jährige Patientin fallen

Bonn · Weil eine Krankenschwester sie im Krankenhaus nicht sicher festhielt, stürzte eine damals 87-jährige Patientin und zog sich einen Oberschenkelbruch zu. Mit gravierenden Folgen. Die heute 90-Jährige erstritt jetzt 60.000 Euro Schadensersatz.

Mit dem Leben im eigenen Haus ist es für die Frau seitdem vorbei. Da sie intensivere Hilfe und Betreuung braucht, lebt sie nun in einem Seniorenheim. Sie verklagte das Bonner Krankenhaus vor dem Landgericht wegen schuldhafter Verletzung der Fürsorgepflicht – und bekam Recht, wie die Behörde mitteilt.

Wegen großer Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich, die dazu führten, dass sie kaum noch gehen konnte, ging die Bonnerin am 22. Dezember 2015 in das Krankenhaus und wurde stationär aufgenommen. Am 29. Dezember und erneut am 4. Januar 2016 erhielt sie eine Periduralanästhesie im Rücken und die Anweisung, anschließend nicht alleine aufzustehen, sondern eine Krankenschwester zu rufen, falls sie zur Toilette müsse. Die Patientin hielt sich daran.

Als sie am Abend des 4. Januar dann ins Bad musste, klingelte sie nach der Schwester, die sie auf dem Gang begleiten sollte. Die kam auch und hielt sie. Doch als die Patientin sich nach wenigen Schritten nicht mehr auf den Beinen halten konnte, hatte die Schwester sie nicht im Griff. Die Patientin stürzte und brach sich den Oberschenkel. Am übernächsten Tag musste das Bein operiert und genagelt werden. Trotz einer anschließenden geriatrischen Komplexbehandlung mit Physio- und Ergotherapie verließ die Frau das Krankenhaus am 29. Januar als stark gehbehinderte Frau, die sich nur noch mühsam mit Unterstützung fortbewegen kann.

Im Prozess vor der 9. Bonner Zivilkammer beantragte sie anschließend nicht nur Schadensersatz und Schmerzensgeld von insgesamt 30.000 Euro, sondern auch die Feststellung, dass das Krankenhaus für alle künftigen Schäden aufzukommen habe. Denn wie ihr Anwalt Ludwig Klassen vortrug, sei der folgenschwere Unfall vermeidbar gewesen, wenn die Fürsorgepflicht nicht verletzt worden wäre. Denn es habe in dem Fall eindeutig die Notwendigkeit bestanden, dass die Patientin durch eine Pflegekraft auf dem Weg zur Toilette begleitet werden musste.

Komme es bei dieser „vom Krankenhausträger geschuldeten Hilfeleistung zu einem Schaden für den Patienten“, habe laut Klassen das Krankenhaus dafür einzustehen. Denn es war, so der Anwalt, die Pflicht der Krankenschwester, die Patientin so sicher zur Toilette zu bringen, dass es zu keinem Sturz kommen konnte. Notfalls hätte sie eine zweite Kraft zu Hilfe rufen müssen. Es handele sich um ein „vollbeherrschbares Risiko des Krankenhauses“, dem wegen der besonderen Gefahrensituation eine gesteigerte Obhutspflicht zu attestieren ist“.

Die 49-jährige Krankenschwester versicherte vor Gericht, sie habe die Patientin an Arm und Schulterblatt gestützt. Als sie aber demonstrierte, wie die Hilfe aussah, stellte sich heraus: So hätte sie die Patientin niemals halten können. Auch sie selbst erklärte, sie habe nur verhindern können, dass die Patientin unkontrolliert fiel.

Damit stand für das Gericht fest: „Eine Haftung der Beklagtenseite ist ohne Weiteres gegeben.“ Und deshalb müsse das Krankenhaus für den Schaden zahlen. Die Kammer riet zur gütlichen Einigung und schlug vor: Das Krankenhaus zahlt an die inzwischen 90-jährige Klägerin insgesamt 60.000 Euro, und alle Ansprüche sind erledigt. Damit waren schließlich sowohl das Krankenhaus als auch die 90-Jährige einverstanden.

AZ: LG Bonn9O 169/17

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