Nichts für Rollstuhlfahrer Kritik an Barrierefreiheit im Bonner Hauptbahnhof

Bonn · Ein Rundgang der Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv der Bonner SPD zeigt einige Mängel bei der Barrierefreiheit des Bonner Hauptbahnhofs. Das Erreichen der Gleise kann für Rollstuhlfahrer Probleme mit sich bringen.

Teilnehmer des Rundgangs im Bonner Hauptbahnhof vor dem Informationsstand.

Foto: Daniela Vogt

"Eben noch habe ich einer älteren Dame mit ihrem Koffer auf der Rolltreppe geholfen, weil sie den Aufzug nicht fand", so stieg Irmgard Henseler gleich in die Thematik ein. Sie ist Beisitzerin der Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv der Bonner SPD. Die Gruppe setzt sich für die Belange von Menschen mit Behinderungen ein. An diesem Abend wurde bei einem Rundgang überprüft, wie barrierefrei der Bonner Hauptbahnhof ist. "Wir sind selbst betroffen, pflegen Angehörige oder arbeiten mit behinderten Menschen. Dabei wollen wir die Belange aller Einschränkungen berücksichtigen", so ein Teilnehmer. Oftmals seien auch Kinderwagen oder viel Gepäck hinderlich.Welche Stellen erschweren das Weiterkommen mit Rollstühlen, Kinderwagen oder Rollatoren am Bahnhof?

Der Fahrscheinautomat ist vom Rollstuhl aus bequem zu bedienen, wobei Sehbehinderte Schwierigkeiten haben. Die Erreichbarkeit der Gleise und der Aufzüge ist schon komplizierter. Gleis 1 ist barrierefrei lediglich über die Rampe seitlich vom Busbahnhof aus zu erreichen. Alle anderen Gleise sind nur über Gleis 1 oder die Fahrstühle zu erreichen. Die Aufzüge wiederum sind nur über den Fußgängertunnel zu erreichen, der lediglich von den U-Bahnhöfen aus barrierefrei zugänglich ist. Jeweils ein Aufzug führt auf jedes Gleis. Die Zugänge zu den Aufzügen sind eng bemessen, oft zugestellt und häufig sind die Aufzüge defekt.

Es gibt aber auch Mängel, die nicht zwangsläufig etwas mit Barrierefreiheit zu tun haben. So beschwert sich eine GA-Leserin über den rutschigen Boden. "Bei Regennässe bin ich wiederholt auf dem viel zu rutschigen Boden des Bahnhofzuganges (Treppen und Eingangsbereich) geschlittert und fast gefallen", schreibt sie. Gisela Breuhaus ist an den Rollstuhl gebunden. Wenn sie an einem Bahnhof mal nicht weiterkommt, bittet sie das Bahnpersonal. "Die sind sehr hilfsbereit und machen ganz viel möglich. Da geht schon was." Am Servicepoint in der Bahnhofshalle gibt es Informationen und Hilfe, doch da muss man erst einmal hinkommen. "Ein riesiger Fortschritt wird es sein, wenn die geplante App der Deutschen Bahn verfügbar ist", sagt Rainer Bohnet vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). "Wer die Fahrkarte zudem online kauft, bekommt dann zum Beispiel direkt über Hindernisse wie defekte Aufzüge am Reiseziel Informationen." Ziel soll sein, dass sich auch Menschen mit Einschränkungen spontan mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen können. Denn behinderte Menschen planten Reisen voraus. "Es geht vieles, aber es ginge weitaus mehr", sagt Bohnet.

Eine kleine Errungenschaft wäre ein zweiter Fahrstuhl für jedes Gleis, eine ideale Alternative böte der Zugang der Gleise über Rampen. Doch scheitert dies bisher und auch beim aktuellen Umbau am Platz und am Geld. Der Bonner Bahnhof ist weder für das heutige Fahrgast- noch Zugaufkommen ausgelegt. "Die Entscheidungsträger der Stadt versuchen wir, mit einzubeziehen in unsere Rundgänge, da nur sie letztendlich unsere Politik vor Ort umsetzen können", so der AG-Vorsitzende Klaus Mehren, Sven Stumpf und Julia Deike begleiteten den Rundgang, der die Reihe von Begehungen fortführt: Die AG war bereits in Duisdorf, Beuel, Tannenbusch, der äußeren Nordstadt, Lengsdorf, Oberkassel, Rüngsdorf und rund um den Bahnhof in Mehlem unterwegs. Für den Bonner Hauptbahnhof fasst Mehren zusammen: "Barrierefreiheit am Hauptbahnhof ist nur schwer möglich, denn sobald ein Aufzug defekt ist, sind nicht mehr alle Gleise erreichbar."