Fast wie zu Hause auf dem Sofa Kulturinitiative Rhizom zeigt Kurzfilme in der Altstadt

BONN · Zwei junge Männer in dicken Kapuzenpullis tragen eine alte Schulbank auf den kleinen Platz hinter dem Stadthaus und hieven sie zwischen die anderen Sofas und Stühle in die letzte Reihe. Eine kleine Gruppe von Freunden kuschelt sich bereits auf ihrem, zugegebenerweise schon etwas älteren und zerfledderten, Sofa unter eine dicke Decke und trinkt heißen Tee.

 Auf dem Platz hinter dem Stadthaus haben es sich die Besucher des ungewöhnlichen Freiluftkinos bequem gemacht.

Auf dem Platz hinter dem Stadthaus haben es sich die Besucher des ungewöhnlichen Freiluftkinos bequem gemacht.

Foto: Horst Müller

Eine Stimmung wie zu Hause - wenn nicht wenige Meter daneben der Verkehr über die Weiher- und die Franzstraße rollen und der Wind die Blätter über den Platz fegen würde. Derweil suchen Andere noch im Sperrmüll nach einer passenden Sitzgelegenheit.

Herzlich willkommen beim offenen Kunst- und Kulturnetzwerk Rhizom e. V. und ihrer Veranstaltung "Kurze an die Wand". Es ist schon dunkel am Montagabend, als Jo Hempel und Maurice von den Driesch die Leinwand freigeben. Bei dieser Veranstaltungsreihe werden frei verfügbare Kurzfilme, gerne auch von Freunden und Künstlern aus der Region, mit einem Beamer an eine Lein- oder Hauswand projiziert. Rhizom e. V. ist eine Gruppe, die Raum für freie Kultur schaffen und den öffentlichen Raum bunter gestalten will.

"Wir wollen, dass sich die Menschen mit dem öffentlichen Raum beschäftigen, und ihnen zeigen, dass wir ein öffentliches Netzwerk sind, bei dem jeder mitmachen kann. Daher sind alle unsere Veranstaltungen prinzipiell kostenlos", erklärt Maurice. Für diesen Abend muss auch nicht das eigene Sofa angeschleppt werden, sondern man kann eine passende Sitzgelegenheit im Sperrmüll finden. Der Termin wurde extra so gelegt, dass das möglich ist. "Wir werden hinterher dafür sorgen, dass alle Möbelstücke entweder wieder an ihren Platz zurück oder sauber an den Straßenrand gestellt werden, damit die Müllabfuhr die dann einsammeln kann", versichert Maurice. "Wir wollen einfach ein alternatives Kulturprogramm bieten, das man sonst nicht geboten bekommt und Menschen zusammenbringen", fügt Jo Hempel hinzu. Obwohl die Leute sich untereinander kaum kennen, es empfindlich kalt ist und der Wind die Leinwand immer wieder verdreht, lachen und schmunzeln die Zuschauer.

Die Zwei mit den Kapuzenpullis sind das erste Mal dabei und richtig begeistert. "Ich bin überrascht, dass so was in Bonn möglich ist. Den Leuten hier ist es völlig egal wie kalt es ist oder wie gut die Bildqualität und die Lautstärke sind: Sie sitzen einfach beisammen und genießen die ungewöhnliche Atmosphäre. Ich bin außerdem ein totaler Fan von Kurzfilmen", berichtet Jules Grandsire, der in Bonn studiert. Ein paar Meter weiter sitzt Felix Rumprecht auf einem alten Küchenstuhl. Er hat das muffelige Sofa seinen beiden Freundinnen überlassen - ganz gentlemanlike: "Es gibt eine schicke Auswahl an Kurzfilmen, und hier herrscht eine wirklich gute und entspannte Stimmung. Eine tolle Sache, die einzigartig in Bonn ist." Gegen 22 Uhr löst sich das Ganze langsam auf. Maurice, Jo und ihre Freunde packen die Technik zusammen, bauen alles ab und räumen auf. Maurice ist zufrieden mit dem Abend: "Es waren um die 50 Leute da. Alle haben trotz eisiger Kälte durchgehalten - einfach schön!"

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